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„Liebe taz...“ Nölle lässt sehr tief blicken

Betrifft: „Wie halten Sie's mit Schäuble?“ / Nölle-Zitat, taz vom 21.1.2000

Es mag ja sein, dass ein geschäftstüchtiger Banker wie Ulrich Nölle den Export einer Geldwaschmaschine nach Lichtenstein für eine Petitesse hält. Dass aber ein ehemaliger CDU-Bürgermeister dieser Stadt das bockbeinige Verhalten seines EX-Kanzlers „in Ordnung (findet), wenn er sein Wort gegeben hat“, lässt tief blicken. Schwor Kohl nicht einst auf die Verfassung? Stellt er nicht heute dieses Ehrenwort höher als das nur fallweise anzuwendende Grundgesetz? Gilt ihm die Freundschaft zu den sicherlich ebenfalls höchst ehrenwerten anonymen Spendern nicht mehr als das Wohlergehen der parlamentarischen Demokratie? Ja, fällt denn nicht auch Ihnen, Herrn Nölle, von Tag zu Tag der Glaube an die bloße Existenz dieser anonymen, großherzigen Spender immer schwerer? Die wurstige Nonchalance des ehemaligen Spitzenkandidaten der Bremer CDU zeigt meines Erachtens eins überdeutlich: Die Ursache für den tiefen Fall der Christdemokraten lässt sich nicht an einzelnen Personen festmachen, sondern beruht auf einer flächendeckenden, in vielen Jahren gewachsenen Don-Kohleone-Struktur, die alle aufstiegswilligen Mitglieder im Grunde bis heute rückgratlos und mit dem Deutschlandlied auf den Lippen vor dem großen Bimbo Bimbes und seinen Gefolgsleuten demutsvoll ersterben lässt. Nicht immer aber hat der Patron recht, Herr Nölle, und die Omerta ist noch keine innerparteiliche Demokratie!

Klaus Jarchow

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