: Liebe Grüße mit Radetzky
■ Ostfriesland ist das Mekka der Radiopiraten
Itzehoe (dpa) — Die Ostfriesen sind der radio-aktivste Volksstamm im Lande. Überall auf ihrem infrastrukturarmen Landstrich hinterm Deich grüßen sie schon jahrelang per Ätherwellen Freunde und Verwandte und verbreiten lokale Informationen. Der Haken an der Geschichte: Sie tun es illegal. Ostfriesen sind Meister im Schwarzsenden — wie die Telekom gern bestätigt und sofort ihre unauffälligen Peilwagen auf Streife schickt.
Um die 100 Schwarzsender, so schätzt der zuständige Funkmeßdienst in Itzehoe, senden in mehr oder weniger regelmäßiger Folge Musik vom Radetzkymarsch bis zu den Scorpions, Nachrichten und Veranstaltungstips. Vor vielen Jahren nahmen sich die Ostfriesen die holländischen Funkpiraten zum Vorbild, gaben sich klangvolle Namen wie „Radio Rosamunde“ oder „Radio Mexiko“ und legten los. Bis dann die ebenso findigen Fahnder vor der Tür standen. Denn Schwarzsenden ist nach dem Fernmeldeanlagengesetz streng verboten.
Wer erwischt wird, hat schlechte Karten: Die Konsequenzen reichen vom Bußgeld bis zur Geldstrafe von einigen tausend Mark. In schweren Fällen droht sogar Gefängnis. Der mitunter in mühevoller Arbeit selbstgebaute Sender wird beschlagnahmt und kommt, wenn er nicht zugunsten der Staatskasse versteigert werden kann, auf den Schrott. Rund 250mal im Jahr greifen die Fahnder aus Itzehoe zu. Doch nicht ausschließlich die Ostfriesen machen ihnen zu schaffen. Bis vor einiger Zeit hielt sie sogar ein findiger Pfarrer aus dem Göttinger Raum auf Trab. Er übertrug per Schwarzsender seine Gottesdienste.
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