Lichtspieltheater: Das Kino ist tot, es lebe das Kino
Für die Kurbel heißt es bald "The Last Picture Show", für das Studio am Bundesplatz öffnet sich dagegen wieder der Vorhang.
Was waren das für Zeiten für die "Kurbel" in der City West: Sie war das erste "Tonfilm-Kino" (1934) Berlins. Die Kinolegende Walter Jonigkeit (Delphi) brachte das Lichtspieltheater an der Giesebrechtstraße nach dem Zweiten Weltkrieg - 1944/45 diente es als Munitionslager - wieder auf die Beine. In den 50er Jahren wurden die Räume vergrößert, der Klassiker "Vom Winde verweht" mit Clark Gable und Vivian Leigh lief danach ganze zweieinhalb Jahre vor ausverkauftem Haus. Bis in die 80er Jahre war es ein wichtiges Programmkino für die Cineasten in der Stadt.
Wenn das Kino zum Jahresende 2011 schließt, stirbt eine weitere Kulturinstitution in der City West, die an den Veränderungen des Marktes scheiterte. Ins Kino geht man nach Mitte. Tom Zielinski, seit 2009 Theaterleiter, gibt "aus wirtschaftlichen Gründen" auf, wie er sagt. Die Hauseigentümer seien zudem an keiner weiteren Kinonutzung der drei Säle interessiert. Ob ein Supermarkt - wie bei toten Kinostandorten üblich - einzieht, wird man sehen.
Es gibt Filmkritiker, die der Kurbel seit Jahren eine gewisse Profillosigkeit des Programms vorhalten. Die zahlreiche Betreiberwechsel seien dafür verantwortlich. Umgekehrt ist auch richtig, dass das Filmtheater sich mit am längsten gegen den Niedergang der Kinolandschaft am Kurfürstendamm gestemmt hat - als Pornokino, Arthouse-Kino, als Haus für Filme in englischer Originalfassung, Off-Kino, "One Dollar"-Schuppen und zuletzt wieder mit anspruchsvoller Kost. Als Konzepte, dem kulturellen Ausverkauf zu widerstehen, reichten sie aber alle nicht.
Was der Kurbel nicht gelang, soll im "Studio am Bundesplatz" funktionieren. Seit diesem Sonntag hat das Kiez-Kino mit seinen 125 Plätzen wieder eröffnet. Ein begeisterter Cineast, Karlheinz Opitz, Betreiber der nahen Eva-Lichtspiele in der Blissestraße, hat das abgewirtschaftete Kino übernommen und mit zwei Geschäftspartnern erst renoviert und jetzt neu bespielt. Die "Qualität" des Programms und der "Kommunikationsort für Filmbegeisterte", sagt Opitz, sollen für ein neues Image sorgen. Will sagen, man hat ein Konzept.
Man muss Opitz viel Mut für die Wiedereröffnung attestieren, denn die Mission ist riskant: Das Studio geriet seit Jahren aus dem Blickfeld. Zuletzt machte es Betreiber Lothar Bellmann nach 60 Jahren Programmauswahl dicht. Das Publikum gewinnen will Opitz mit einen Café, Filmveranstaltungen und einer Mischung aus Filmklassikern und cineastischen Besonderheiten. Zum Start läuft Kaurismäkis "Le Havre".
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