■ Licht & Schatten: Den Hintern hochgereckt
Richard North Patterson: „Das Maß der Schuld“. Bertelsmann, 480 Seiten, geb., 44 DM
Heutzutage kann kein Courtroom-Thriller mehr erscheinen, ohne daß er sofort mit Scott Turows „Aus Mangel an Beweisen“ verglichen wird. Turow hatte 1987 die Latte in diesem Genre auf eine unerreichte Höhe gelegt. Richard North Pattersons Buch soll nun, laut Verlagswerbung, der „fesselndste Gerichtsroman“ seit Turows Meisterwerk sein. Das ist vielleicht sogar richtig, trotzdem kommt „Das Maß aller Schuld“ nicht einmal in die Nähe obenerwähnter Meßlatte. Denn anders als in Turows verzwicktem Rätsel verschenkt North Patterson gleich zu Anfang einen erheblichen Teil der Spannung:
Die erste Szene spielt in einem Hotelzimmer. Die Fernsehjournalistin Mary Carelli hat einen berühmten Schriftsteller erschossen, weil dieser sie vergewaltigen wollte. Doch irgend etwas stimmt nicht. Der angebliche Angreifer liegt zwar, „den Hintern hochgereckt, bleich wie Wachs“, mausetot auf dem Teppich, aber die Carelli benimmt sich seltsam. Sie informiert die Polizei, spricht von Notwehr, verstrickt sich aber in Widersprüche. Die Staatsanwaltschaft erhebt kurzerhand Anklage wegen vorsätzlichen Mordes. Damit steht das „Wer“ fest, im folgenden muß nur noch das „Warum“ geklärt werden. Turow ließ damals beide Frage offen. Karl Wegmann
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