Libysche Airline hat Flugverbot: Ausgeflogen
Die libysche Airline Afriqiyah stellt den Betrieb ein und macht die Reisepläne einer Leserin zunichte. Auch anderen Reisenden droht Ärger.
Ihre Flugtickets haben Gertraud Momburg und Birgitta Osman aus Stolberg bei Aachen gebucht, als die Welt für sie noch in Ordnung war. Im August wollen sie über die libysche Hauptstadt Tripolis nach Ghana fliegen, um in einem Dorf für eine Hilfsorganisation den Ausbau einer Schule zu koordinieren. Jetzt ist alles anders, und ihren Flug müssen die beiden wohl neu buchen.
Ihre Tickets haben sie bei Afriqiyah Airways, einer staatlichen Fluggesellschaft Libyens, bestellt. Hin- und Rückflug von Düsseldorf nach Accra in Ghana waren Ende Januar mit 620 Euro besonders billig, sagt Momburg. Als sie die Tickets im Internet kaufte, hatte in Tunesien das Volk bereits den Despoten Ben Ali verjagt. In Ägypten protestierten die Menschen gegen den ergrauten Husni Mubarak. Doch die beiden Freundinnen fürchteten keine Revolution. "Libyen schien wie eine Festung für uns", sagt Momburg.
Nun tobt in Libyen ein Krieg, und der UN-Sicherheitsrat belegte das Land des Herrschers Muammar al-Gaddafi mit einer Flugverbotszone. Die Flüge zwischen Libyen und Europa sind gestrichen.
Immer wieder unterbrechen politische Unruhen den Flugverkehr. Während der Proteste in Ägypten und Tunesien stellten die Flughäfen den Betrieb zeitweise ein. In Thailand fiel der Flugverkehr während des Aufstands der Rothemden aus. Und nachdem im Oktober vergangenen Jahres Paketbomben in Frachtmaschinen aus dem Jemen auftauchten, durften aus dem arabischen Land vorübergehend keine Maschinen mehr in Deutschland landen.
Beschwerden über Afriqiyah
Im März konnte Momburg die Afriqiyah noch erreichen. Doch ein Mitarbeiter wimmelte die 51-Jährige ab. Einige Tage später hob niemand mehr ab. Auch die taz konnte die Fluggesellschaft nicht erreichen, die Webseite erscheint nicht.
Eigentlich ist die Afriqiyah verpflichtet, für die Kunden einen alternativen Flug zu buchen oder zumindest die Flugkosten zu erstatten, sollte der Flug im August tatsächlich ausfallen. Doch die Afriqiyah habe die Dependance in Düsseldorf vorübergehend geschlossen und warte nun das Ende des Flugverbots ab, heißt es bei dem Board of Airline Representativs in Germany (Barig), dem Verband ausländischer Airlines. Dort häufen sich bereits die Beschwerden über Afriqiyah. Momburg fürchtet, dass die Airline auch nach dem Krieg nicht mehr auftaucht.
Den vollständigen Text und viele andere spannende Geschichten lesen Sie in der sonntaz vom 20. und 21. Mai 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Der Wunsch: In der sonntaz berichten wir jede Woche über ein Thema, das eine Leserin oder ein Leser vorgeschlagen hat. Diesmal kam die Anregung von Gertraud Momburg aus Stolberg bei Aachen. Für eine Hilfsorganisation will sie im August nach Ghana fliegen. Im Januar buchte sie einen Flug bei Afriqiyah Airways, einer staatlichen Fluggesellschaft in Libyen. Nun ist dort Krieg. "Afriqiyah fliegt seit Wochen nicht mehr", schreibt uns die 51-Jährige per E-Mail. "Das Büro am Düsseldorfer Flughafen ist geschlossen. Alle Telefonnummern sind nicht erreichbar. Die Website, über die wir gebucht haben, existiert nicht mehr." Momburg fürchtet, dass der Flug ausfällt und die Airline die Kosten für Hin- und Rückflug nicht erstattet. Momburg schrieb der Gesellschaft mehrere E-Mails und kontaktierte einen Rechtsanwalt. Die Airline antwortete nicht, der Anwalt wusste keinen Rat. Der sonntaz schrieb Momburg: "Vielleicht würden sich bei Veröffentlichung dieses Themas auch weitere Ariqiyah-Reisende finden. Dann könnte man gemeinsam besser vorgehen."
Der Weg: Haben Sie auch eine Anregung für uns? Senden Sie Ihren Vorschlag an open@taz.de oder mit der Post an die tageszeitung, Redaktion sonntaz, Annabelle Seubert, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin.
Die Reiserechtexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg rät Reisenden, vor der Auswahl einer Flugverbindung auch auf die politische Lage zu achten. Doch Gaddafi war im Januar seit über vierzig Jahren an der Macht - warum sollte das Land im Chaos versinken?
Nicht immer sind es Krisen, die den Flugverkehr durcheinander bringen. Meistens fallen die Flüge aus oder sind verspätet, weil das Wetter nicht mitspielt, eine Maschine eine Panne hat, der Flughafenbetrieb aus dem Takt geraten ist oder ein Streik den Flugverkehr lahmlegt. Mitunter ist der Flieger einfach nur überfüllt.
Flugpreiserstattung oder Ausgleichszahlung
In allen Fällen müssen Airlines den Passagieren eine alternative Flugverbindung anbieten oder den Flugpreis erstatten. Mehr noch: Hat eine Fluggesellschaft den Ausfall oder die Verspätung selbst verursacht, muss sie den Passagieren zusätzlich noch eine Ausgleichszahlung überweisen. Das schreibt die Europäische Union vor. Die Airlines müssen je nach Distanz 250 Euro (bis zu 1.500 Kilometer), 400 Euro (1.500 bis 3.500 Kilometer) oder 600 Euro (über 3.500 Kilometer) zahlen, wenn der Flieger mindestens drei Stunden zu spät am Reiseziel ankommt. Fällt der Flug komplett aus, müssen die Gesellschaften auch den Flugpreis erstatten - neben der Ausgleichszahlung.
Doch allzu oft missachten die Fluggesellschaften die Rechte der Kunden und behaupten stattdessen, für Verspätung und Ausfall nicht verantwortlich zu sein. Technische Probleme darf die Gesellschaft dann aber nicht als Grund angeben, urteilte der Europäische Gerichtshof - schließlich kann die Gesellschaft gegen Pannen vorsorgen. Auch das Wetter kann kein Grund sein, wenn alle anderen Maschinen starten. Auf Streiks können sich Airlines vorbereiten, wenn der Zeitpunkt lange feststeht. Und wenn eine Gesellschaft den Flieger überbucht und Passagiere am Flughafen stehen lässt, muss sie dafür ohnehin geradestehen. Nur politische Unruhen und Katastrophen können die Airlines nicht beeinflussen.
Lenkt die Fluggesellschaft nicht ein, müssen die Fluggäste um ihr Recht kämpfen. Manchmal spring ein Rechtsschutzversicherer ein. Momburg nutzte ihre Police des ADAC und sprach mit einem Anwalt. Doch der konnte nicht helfen - schließlich ist die Fluggesellschaft nicht erreichbar.
Wenn die Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung verweigert, helfen die Dienstleister Flightright (www.flightright.de) und EuClaims (www.EuClaims.de). Im Erfolgsfall behalten sie einen Teil des Erlöses. Haben Fluggäste eine Reise bei einem Reiseanbieter gebucht, hilft oft die Reiseschiedsstelle (www.reiseschiedsstelle.de) weiter.
Momburg und Osman wollen weitere Mitstreiter suchen, um ihre Rechte durchzusetzen. Doch solange die Fluggesellschaft nicht auffindbar ist, bekommen sie ihr Geld wohl nicht zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“