: Liberale Zeit der Mauren ignoriert
betr.: „Der Papst empört Muslime“, taz vom 16. 9. 06
Selbst, wenn man die dankbar angenommene und genutzte Pseudo-Empfindsamkeit radikaler Islamisten außer Acht lässt, und selbst dann, wenn ein unbekannter Prof. Dr. Ratzinger vor einem Scherflein von Seminaristen genau diesen Vortrag gehalten hätte, er wäre wissenschaftlich zumindest in den umstrittenen Passagen unseriös. Hier wird ein byzantinischer Kaiser, Manuel II. Palaeologos, selbst einseitig Partei, mit einer hochgradig persönlichen und dabei offenkundig provokativ, vielleicht sogar rhetorisch gemeinten Frage als Kronzeuge gegen islamische Gewalt herangezogen. Das hätte Herr Prof. erkennen können. Die aktuellen vatikanischen Entschärfungsversuche wirken ebenso Mitleid erregend wie irdisch-profan bekannt: Es hat immer irgendwer irgendwas missverstanden! Man nennt so eine Verfahrensweise externale Schuldattribuierung: Es sind immer die anderen.
Wer den Text (Originalausgabe des Vatikan) sinnentnehmend zu lesen vermag, der wird offenkundig erkennen: Es ist nichts misszuverstehen; es war genau so gemeint, wie es denn nun angekommen ist. Es verbleiben die Arroganz und Selbstgerechtigkeit des aus eigenem Verständnis Besserwissenden, historische Ignoranz und Einseitigkeit, indem man ganz locker die Kreuzzüge auf der einen und zum Beispiel die äußerst liberale, islamische Zeit der Mauren in Spanien sowie deren Ende locker außer Acht lässt. D. BISCHOFF, Essen