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Liberale Profilierungsoffensive gestoppt

■ Vor dem Dreikönigstreffen streitet die FDP wieder über den Großen Lauschangriff / Hält die FDP an ihrer Präsidentschaftskandidatin Hamm-Brücher fest? / CSU ruft Roman Herzog zum Unions-Favoriten aus

Bonn/Berlin (dpa/taz) – Unmittelbar vor dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart hat der Kompromißvorschlag von Bundesinnenminister Manfred Kanther zum Großen Lauschangriff bei den Liberalen kontroverse Reaktionen provoziert. Während FDP-Chef Klaus Kinkel und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger ihr Nein zum elektronischen Abhören von Wohnungen bekräftigten, nannte die baden-württembergische FDP Kanthers Vorstoß einen „Schritt in die richtige Richtung“.

Der FDP-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Döring, empfahl, die Vorschläge Kanthers zu prüfen und „nicht von vornherein in Bausch und Bogen abzulehnen“. Auch der FDP-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Kohn plädierte für eine Modifizierung des ablehnenden Parteibeschlusses zum Lauschangriff.

Damit ist die Diskussion wieder offen, auf die sich Kinkel gestern „nicht mehr einlassen“ wollte. Kanther hatte am Montag in einem Acht-Punkte-Papier unter anderem vorgeschlagen, nur bei einem eng begrenzten Katalog schwerer Straftaten dürfe eine Wohnraumüberwachung nach Genehmigung eines Strafrichters zulässig sein. Kinkel konterte, die Koalition habe sich bereits mit dem „Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994“ auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Dabei sei klar gewesen, daß das Abhören von Wohnungen ausgeklammert bleibe. Dieses Thema, so der FDP-Chef, sei vom Tisch, „und dabei soll es bleiben, wenn es nach mir geht“.

Geht es nach ihm? Kinkels Hoffnung jedenfalls, sich auf dem Dreikönigstreffen mit einer geschlossenen Partei auf Profilierungskurs zum Koalitionspartner zu begeben, ist nicht nur durch den Vorstoß des baden-württembergischen Landesverbandes getrübt. Auch der Chef des größten Landesverbandes, NRW-Matador Jürgen Möllemann, geht derzeit wieder eigene Wege. Er kommt nicht nach Stuttgart und bastelt derweil in der Karibik an einem Strategiepapier. Kinkel ist, nach eigenem Bekunden, informiert, kennt aber noch keine Details. „Je mehr Denker dabei sind, gute Ideen für die FDP zu entwickeln, um so besser“, wiegelt der Vorsitzende ab.

Eine entscheidende Frage in Stuttgart wird der Umgang der FDP mit der eigenen Präsidentschaftskandidatin Hildegard Hamm-Brücher sein. Geplant sind Ovationen für die Kandidatin. Kinkel hält weiter an Frau Hamm- Brücher fest und erklärt zugleich ein wenig undeutlicher, es gebe in dieser Frage keinen Handlungsbedarf.

Doch der Druck auf die FDP wächst. Gestern erklärte CSU-Generalsekretär Huber, die Nominierung des Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Roman Herzog als Präsidentschaftskandidat der Union sei so gut wie sicher. Doch Roman Herzog scheint sein Jawort von einer klaren Mehrheit in der Bundesversammlung abhängig machen zu wollen. Die jedoch ist nur mit den Liberalen zu haben. Kinkel, übernehmen Sie!?

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