Kommentar: Letzte Rettung der SPD
■ Knapp am Super-Gau vorbeigeschrammt
Haarscharf ist die SPD gestern um ihren größten anzunehmenden Unfall herumgekommen. Wäre die Entscheidung nämlich ebenso haarscharf wie jetzt für Rot-schwarz für Rot-grün ausgefallen, dann hätte die Partei heute noch immer nicht gewußt, wo es lang gehen soll. Denn egal, was sie dann getan hätte, es wäre falsch gewesen. Hätte Scherf auftragsgemäß mit den Grünen verhandelt, wäre er wohl bei der Senatswahl gescheitert, und der nächste Bürgermeister hätte Ulrich Nölle geheißen. Hätte sich Scherf aber gleich mit der CDU eingelassen, hätte er nicht nur gegen die eigene Überzeugung, sondern auch gegen die Mehrheit der Partei verstoßen.
Hätte, hätte... Nun ist die SPD doch noch einmal an ihrem Super-Gau vorbeigeschrammt. Verdient hat sie es nicht. Denn was jetzt kommt, ist die Große Koalition als letzte Rettung vor der Opposition, in die die SPD eigentlich schon nach dem Wahlergebnis vor vier Jahren gehört hätte.
Die AfB wäre bei dem „Allemann-Manöver“ allzugerne selbst dabei. Für parlamentarische Opposition müssen deshalb nun allein die Grünen sorgen. Auch das wird nicht ganz einfach. Schließlich hat Henning Scherf gestern schon die Umarmungen angekündigt, mit denen er ihnen diese Rolle schwer machen will. Und aufs Umarmen, das ist gewiß, versteht sich der neue Spitzenmann der SPD.
Dirk Asendorpf
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