Leserinnen-Echo auf rot-grüne Frauenpolitik: Das wurde wirklich Zeit
betr.: „Was tut sich für Frauen unter Rot-Grün?“, taz vom 14. 12. 00
„Juli 1999: Ausländische Ehepartner dürfen künftig bereits nach zwei Jahren Ehe mit einem deutschen Partner die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.“
Das stimmt nicht, und eine solch fehlerhafte Berichterstattung verwirrt unsere Klientel. Frühestens nach drei Jahren können die mit Deutschen Verheirateten die Staatsbürgerschaft beantragen.
Im Juni 2000 trat die Reform des § 19, Ausländergesetz, in Kraft, nach der die Aufenthaltserlaubnis ausländischer EhepartnerInnen nun nicht mehr wie bisher vier Jahre lang, sondern nur noch zwei Jahre lang von der Ehe abhängig ist. Kommt es nach zwei Jahren zu einer Trennung, dann können die ausländischen EhepartnerInnen weiterhin im Land bleiben und notfalls sogar für eine befristete Zeit Sozialhilfe beziehen, wenn sie keinen oder nicht ausreichenden Unterhalt vom Ehepartner erhalten. Wenn sie nicht bald finanziell auf eigenen Füßen stehen, ist ihre Aufenthaltsgenehmigung nach einem Jahr erneut gefährdet.
Kommt es innerhalb der ersten beiden Ehejahre zur Trennung, gibt es eine Härtefallregelung, bei der künftig nicht mehr die „außergewöhnliche Härte“, sondern nur eine „besondere Härte“ nachgewiesen werden muss. Das bedeutet, dass ausländische Ehepartner, in der Regel -partnerinnen, denen in der Ehe Gewalt angetan wurde, auch nach der Trennung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten sollen.
Wie die Neuregelung von den Behörden in die Praxis umgesetzt wird, das wird derzeit von den sozialen Einrichtungen, die die betroffenen Frauen betreuen, beobachtet. Es werden große Unterschiede in den einzelnen Ländern und bei den verschiedenen Behörden festgestellt. Außerdem stellen wir fest, dass manche BehördenmitarbeiterInnen und auch RechtsanwältInnen, an die sich die Betroffenen wenden, offensichtlich gar nicht oder unzureichend über die Neuregelung des Gesetzes informiert sind.
SUSANNE LIPKA, Referentin für interkulturelle Arbeit und Menschenrechte Evangelische Frauenarbeit in Deutschland e.V.
betr.: „Der Schläger muss ausziehen“, taz vom 14. 12. 00
Es wurde wirklich Zeit, dass dem organisierten Irrsinn, dass die geschlagenen Frauen und Kinder in die von der Allgemeinheit finanzierten Frauenhäuser mit oft unerträglich engen Wohnverhältnissen und der Aussicht, doch letzten Endes wieder beim Schläger zu Hause unterkriechen zu müssen, weil sie finanziell von ihm abhängig waren, ein Ende gemacht wird. Es gibt einen Rechtsgrundsatz – 1. Semester Jurastudium – dass das Recht dem Unrecht nicht zu weichen brauche. Hier wurde er jahrzehntelang außer Kraft gesetzt in einem Bereich, der die Lebenschancen zukünftiger Generationen beeinträchtigt, weil Studien schon lange nachgewiesen haben, dass Kinder, die Opfer von Gewalt in der Kindheit waren oder solche mitansehen mussten, ohne Abhilfe schaffen zu können, oft später selbst gewalttätig werden.
Es liegt also im Interesse der Allgemeinheit, Kindern von Anfang an das Gefühl zu geben, dass die Familie kein rechtsfreier Raum ist. [...] Ich kann nur hoffen, dass das neue Gesetz die Möglichkeit, die jetzt schon besteht, nämlich Kontaktverbot zu erteilen, wo dies nötig ist, auch durchsetzen kann. [...]
MARGARETE KOGLER, Bonn
betr. „Besser spät als nie“ von Mechtild Jansen, dito
Wenn, wie es in Schweden der Fall ist, Männer zur Inanspruchnahme von Erziehungszeit verpflichtet würden, könnte man über einen Ausgleich von Lohneinbußen nachdenken. Dann natürlich für Frauen und Männer gleichermaßen. Und dann gilt für die Berufsbiografien das Gleiche. Weshalb sollten Männer einen Ausgleich erfahren, wenn Frauen seit unvordenklichen Zeiten keinen Ausgleich erfahren haben. Selbstverständlich kommen Männer künftig in den gleichen Genuss der Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf ihren Rentenanspruch, den bisher Frauen haben. Subventionen für die Wirtschaft sind im Zuge der Europäisierung und Globalisierung mega-out. Über einen steuerlichen Ausgleich wegen möglicher höherer Personalkosten könnte diskutiert werden. Frauenpolitikerinnen hinken nicht hinterher, wenn sie sich am politisch Machbaren orientieren. Das ist taktisch klug.
ANNETTE SEICHE, Bergheim
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