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LeserInnenbriefe

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Ich bin 18 und ich hab Angst

betr.: Nach den Wahlen

Für meine Freunde und mich – ich bin 18 Jahre alt – waren es die ersten Bundestagswahlen, an denen wir teilnahmen. Was für ein außergewöhnliches Spektakel. Schon mittags saßen wir vor den Fernsehern und warteten ungeduldig auf die Zwischenergebnisse und erzählten uns von unseren eigenen gesetzten Kreuzchen. Erstaunlicherweise hatte jeder mindestens einmal die Grünen als persönlichen Gewinner auserkoren.

Am Abend warteten mein Vater und ich gespannt und waren dann verblüfft. Das Ergebnis war erschreckend. Die von vielen meiner Freunde favorisierte Partei lag hinter der, die wir alle fürchten. Eine Partei, die schlau genug war, um sich in die Köpfe der Menschen zu nisten und dann erst ihre rechts orientierten Ansprüche zu offenbaren.

Und schon ging die Diskussion in den sozialen Netzwerken los: „Die AfD?“ „Vielleicht ist es nur eine Phase . . .“ „Es sind über 13 Prozent!“ „Kommen jetzt in jedem Land Diktatoren an die Macht? Was ist denn nur los mit den Menschen?!“ „Ich will kein Nazideutschland 2.0.“ „Armes Deutschland. Wir schaufeln unser eigenes Grab, wie 1933.“

Wenn man sich das auf den ersten Blick ansieht, erscheint diese Reaktion übertrieben. Allerdings erkennen diese jungen Menschen die Gefahr dieses Ergebnisses. Und ist es nicht egal, ob die Wähler echte Anhänger der Partei oder nur sogenannte Protestwähler sind? Am Ende steht nur das Ergebnis. Mit den entsprechenden Sitzen. Und dem entsprechenden Einfluss. Und der monströsen Realität des Fremdenhasses.

Warum müssen junge Leute schon bangen, die geschichtlichen Ereignisse, die in jeder deutschen Schule gelehrt werden, selbst erleben zu müssen? Ich frage nun Sie: Ist diese Angst vor einem kommenden rechts orientierten Staat berechtigt? Oder ist das eine völlig übertriebene Annahme? Und wenn die Angst unberechtigt ist – warum ist sie da? Schließlich entsteht eine existenzielle Angst nicht aus dem Nichts. KIKI FRECH, Dülmen

Wer rechts wählt, ist auch rechts!

betr.: „Die späte Rache der Ossis“, taz vom 26. 9. 17

Liebe Simone, so geht es nicht. Es ist klar, dass die Ossis sehr gebeutelt sind und ungerecht behandelt werden und die Wessis im Osten dominant sind. Du hast eine superschöne Geschichte geschrieben, wo einem das Herz aufgeht. Aber das erklärt überhaupt nicht, warum die Ossis zu mehr als 20 Prozent AfD wählen! Wenn du es als Rache an den Wessis deklarierst, spielst du das Problem nur runter und entmündigst die Ossis.

Ich bin sehr darüber beunruhigt, dass zum Beispiel im Ruhrgebiet, in alten „linken“ Hochburgen die AfD über 15 Prozent bekommen hat. Da geht dann deine Logik von Ossi/Wessi einfach nicht mehr auf.

Sehr, sehr viele im Osten sind extrem rechts – ohne Begründung aus dem Westen! Hör auf, die ernste Lage mit psychologischem Blabla aufzuladen. Rede es dir einfach nicht schön. In Sachsen – dem prosperierenden Sektor – ist die AfD vorn und die CDU so rechts, dass man sich wundert, dass es daneben noch was Rechteres geben kann. Das hat nix mit Demütigung aus dem Westen zu tun. Das ist ultrabrutal rechts! Genuin Ost.

Stell dich der Sache, so wie wir Wessis uns der Sache stellen müssen, dass alte, ehemals linke Viertel wie im Ruhrgebiet auch der AfD anheimgefallen sind. Nimm bitte zur Kenntnis:

Wer rechts wählt, ist rechts.

Deine These heißt: Die Ossis sind gebeutelt vom Westen und verfallen dann dem Rechtsradikalismus. Schön einfach, schön falsch! Dort, wo es die wenigsten Flüchtlinge oder Migranten gibt, ist die Abwehr am größten! Man muss das begreifen. Es ist doch so, dass die, die sich beklagen, damit relativ wenig zu tun haben. Sie leben gar nicht in einer Multigesellschaft. Sie wissen überhaupt nicht, wovon sie reden. Sie sind einfach nur dagegen, und viele halt überzeugt rechtsextrem. Ciao!

GABY GOTTWALD, Berlin

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