LeserInnenbriefe:
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Gesellschaft hat noch kein Gespür
betr.: „Unsichtbar krank“, taz.bremen vom 2. 12. 16
Ja, dass wir „auf dem Weg“ sind, glaube ich auch. Aber noch sind wir ganz am Anfang eines ziemlich langen Weges, der nicht eben gradlinig verläuft. Wer sich „öffne[t]“ und sich „anderen mitteil[t]“, der muss immer noch damit rechnen, dass diese Anderen ihn weder verstehen noch ernst nehmen (wollen). Sie wollen entweder über seinen Kopf hinweg entscheiden oder in Ruhe gelassen werden –sofern sie nicht versuchen, die Situation zum eigenen Gunsten auszunutzen. Diese Gesellschaft hat ganz überwiegend überhaupt noch kein Gespür dafür, wie echte Hilfe geht, und sie hat auch keine brauchbaren Rollenmodelle.
Woher denn auch? In der Vergangenheit gab es im Wesentlichen drei Rollen: Die des wohlmeinenden Patriarchen bzw. Muttertiers, die des ignoranten Desinteressierten und die des aggressiven Miststücks. Wir haben einfach nicht gelernt, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Schon gar nicht solchen, die uns ihre Schwächen zeigen. Stattdessen wurde uns beigebracht, dass wir unter allen Umständen auf unsere Kosten kommen und uns beweisen müssen. Wird höchste Zeit, dass wir kapieren: So geht das nicht. Ein erster Schritt wäre es wohl, nicht nur über Menschen zu reden, die unsere Hilfe brauchen, sondern auch mit ihnen. Dann würden wir vielleicht erfahren, dass diese Menschen mindestens so gut wie jeder andere wissen, was sie brauchen von uns - und was ganz sicher nicht. MOWGLI, taz.de
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