LeserInnenbriefe:
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Sich „majestätisch“ verhalten
betr.: „Flüchtlingsdeal auf der Kippe“, taz vom 12. 5. 16
Ja, zum sofortigen Fallenlassen der Visumspflicht.
Angela Merkel nahm ihre Hoheitsgewalt als Bundeskanzlerin nicht wahr, als sie ihren Untertanen, den Karikaturisten Jan Böhmermann, dem Rechtsstreit mit dem Schurken Erdoğan auslieferte. Jetzt ist es aber an Martin Schulz und seinem Europaparlament, sich „majestätisch“ zu verhalten und den einfachen türkischen Untertanen, ohne Paragrafenreiterei, freies Geleit zu gewähren. MARTINA KEILBART, Bielefeld
Keine Überraschung
betr.: „Flüchtlingsdeal auf der Kippe“, taz vom 12. 5. 16
Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Daher ist die aktuelle Situation keine Überraschung. JULIA ENGELS, Elsdorf
Konsequenter Weg
betr.: „Linker Bundestagsantrag: Willy wählen“, taz vom 12. 5. 16
Der Name ist nicht das Wichtigste, aber das (erweiterte) Konzept ist nach den Verbrechen der Wehrmacht das historisch seit 1945 einzig legitime: ein Peace-Korps, das einzig für humanitäre Einsätze ausgebildet und ausgerüstet ist, das heißt, es stünde endlich die Umwandlung der Armee (in allen Gliederungen) in ein Super-THW an, das bei allen anthropogenen oder naturbedingten Katastrophen in allen denkbaren Formen hilft: medizinische Hilfe, Nahrungsmittelversorgung, (Wieder-)Aufbau von Infrastrukturen bis hin zu Konfliktprophylaxe durch Auf- und Ausbau von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen usf. Nur so wäre eine „Aufstockung“ der Mittel für (jetzt noch) militärische Zwecke ethisch zu rechtfertigen. Selbstverständlich bedeutete es einen deutschen Sonderweg, aber einen Weg, der sich konsequent aus der deutschen Geschichte seit dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 ergibt. Andere Staaten haben andere Vergangenheiten und mögen andere Wege beschreiten und eine längere Zeit eine andere Haltung zur Rolle des Militärs einnehmen, doch spricht es nicht dagegen, einen Anfang zu machen – heute. RAINALD SIMON, Amöneburg
Gabriel erliegt Selbsttäuschung
betr.: „Wer, wenn nicht er?“, taz vom 10. 5. 16
Es gehört auch zur Tradition der deutschen Sozialdemokratie, dass sie den Mut, vergleichsweise schonungslos die eigenen Fehlentwicklungen und Mängel öffentlich zu bekennen, immer erst dann fasst, wenn ihr das Wasser bis zum Hals steht.
Und doch war Gabriel bei dieser sogenannten Wertekonferenz einer offenbar unausrottbaren Geschichtsklitterung und Selbsttäuschung erlegen: Die von Schröder qua Rücktrittsdrohung durchgesetzte soziale Enteignungsorgie der „Agenda 2010“, die vor allem gegen die gerichtet war (und ist), die ohnehin schon wenig haben, die sich keine CDU-geführte Regierung zuvor jemals getraut hätte und die die SPD nahezu die Hälfte sowohl ihrer Wähler als auch ihrer Mitglieder gekostet hat, war mitnichten nur dem neoliberalen Zeitgeist und dem Einfluss von „Experten“ geschuldet. Viele hatten vor den sozialen Folgen dieser im Nachkriegsdeutschland beispiellosen, Blairs New Labour nachgeäfften und Millionen Menschen entwürdigenden Austeritätspolitik gewarnt, die uns unter anderem den größten Billiglohnsektor in Europa und eine der größten Vermögenskonzentrationen innerhalb der OECD-Länder beschert hat. Doch die SPD-Funktionärselite und die ihr ergebenen Parteitagsclaqueure nickten unbeirrt ab. Vertrauen lässt sich nicht herbeischwadronieren. Damit die Sozialdemokratie, wie es Gabriel vorschwebt, wieder auch eine „soziale Bewegung“ wird, muss sie zunächst ihren machtversessenen Opportunismus zumindest verringern.
PETER MICHEL, Ravensburg
300 Jahre lesen
betr.: „Genug gekämpft“, taz vom 11. 5. 16
Da haben Sie einen schönen Artikel über den alten Kardinal geschrieben. Aber zum Thema „Bibliomanie, Hunderttausend Bücher, fast alle gelesen“ ein kleiner Hinweis: Bei nur einem Buch täglich braucht es dann doch etwa 300 Jahre, um den ganzen Stoff durchzulesen. So viel zum Thema Legendenbildung zu Lebzeiten. Ach ja, Legende kommt ja auch von Lesen.
WINFRIED SCHOLL, Wunstorf
Erstaunliche Einschätzung
betr.: „Genug gekämpft“, taz vom 11. 5. 16
Mit Erstaunen habe ich die Einschätzung über den „anderen“ (den nicht rechten) Flügel der deutschen Bischöfe gelesen. Wenn ich zum Beispiel die Bemerkungen der Bischöfe Dröge aus Berlin, des Magdeburger Bischofs Feige oder von Bischof Fürst (Rottenburg-Stuttgart) zur AfD lese, weiß ich nicht, wie jemand zu einer solchen Einschätzung kommen kann. Am meisten wundert mich aber der Kommentar zum Kölner Kardinal Woelki („Was er will, außer ein frommer Mann zu sein, ist unklar“). Er hat sich ebenso klar wie andere zur AfD geäußert, und er hat die bistumsweite „Aktion neue Nachbarn“ zur Flüchtlingshilfe initiiert.
HEINZ WERNER HERMANNS, Königswinter
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