LeserInnenbriefe:
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Unmögliche Titelzeile
betr.: „Das innere Korsett“, taz vom 8. 3. 16
Wer kam denn bitte auf die unmögliche Titelzeile „Ausgebremst und beißgehemmt: Was hindert Frauen daran, so zu leben, wie sie wollen?“. Mangelnde Durchsetzungsfähigkeit als eine Ursache für ein nicht selbstbestimmtes weibliches Leben? Das kann ich wirklich so nicht stehen lassen.
Ich nehme immer öfter Frauen wahr, die sich auseinandersetzen, ihre Meinung offen sagen, für Gerechtigkeit eintreten – und genau dafür abgewertet oder ausgebremst werden. Die Titelzeile wird der Realität in keinster Weise gerecht, sondern pauschalisiert und wertet Frauen ab.
SIBYLLE KAMINSKI, Köln
Geliebte taz
betr.: „Das innere Korsett“, taz vom 8. 3. 16
Chapeau! Das war eine taz, wie ich sie liebe: hintergründige, kluge und empathische Beiträge. Und die Illustrationen und das Layout so ansprechend und schön, dass ich mir das Ende der Printmedien, das Verschwinden der gedruckten taz gar nicht vorstellen kann. Ich jedenfalls möchte auf die ästhetische und haptische Qualität meiner Printausgabe nicht verzichten!
WERNER PELS LEUSDEN, Wetter
Fehlende Ausgeglichenheit
betr.: „Das innere Korsett“, taz vom 8. 3. 16
Toll, dass ihr dem Internationalen Frauentag so viel Platz eingeräumt habt. Noch immer werden Frauen in Alltag und Beruf benachteiligt. Mehr Berichterstattung kann zu diesem Thema also „eigentlich“ überhaupt nicht schaden. Das „eigentlich“ habe ich im Vorsatz auch nur verwendet, weil die Art der Berichterstattung gewisse journalistische Qualitätsmerkmale aufweisen sollte. Als Erstes denke ich hierbei an „Ausgeglichenheit“ und „den Willen zur Reflexion“. Ebendiese sind selbst mit bestem Willen in den Schwerpunktartikeln nicht zu finden. Stattdessen wimmelt es von Halbwahrheiten, Vorurteilen und Aussagen, die beim Lesen nicht nur für Irritationen sorgen, sondern echte körperliche Schmerzen evozieren. Dabei sind die Ansätze der Autorinnen wirklich gut.
Wenn Laurie Penny zum Beispiel den Leistungsdruck innerhalb des Spätkapitalismus anprangert, bin ich da voll bei ihr. Herzerwärmend beschreibt Penny das Schicksal ihrer „ehrgeizigen, wunderschönen und wortgewandten“ jungen Freundin, die trotz allem, was sie erreicht hat, das Gefühl vermittelt bekommt, einfach nicht zu genügen. Dann aber wird es im Text plötzlich abstrus. Denn Penny führt aus „Sie hat nicht die Zeit, sich emotional mit dem Missbrauch auseinanderzusetzen, den sie bereits durch Männer erlitten hat“. Kein Wort von der Gesellschaft, den Normen, den Anforderungen. Oder ist das alles für Laurie Penny identisch? Männer = Gesellschaft = Leistungsdruck, auch das wäre eine irreführende und falsche Gleichsetzung.
Irgendwann im Text, nachdem sie den von außen aufoktroyierten Selbsthass der modernen Frau bildreich schilderte, postuliert sie plötzlich unvorstellbares: Junge Männer haben ein größeres Selbstbewusstsein als Frauen. Wahrscheinlich liegt deshalb auch die Selbstmordrate bei Männern um ein Vielfaches über der von Frauen. Jetzt nahm ich an, die pfiffige taz-Redaktion wird das bestimmt nicht unkommentiert stehen lassen. Die verfassen einen Kommentar oder ergänzen den Beitrag mit einem Schaubild. Aber nix da. Stattdessen wird die verbleibende dritte Seite mit einem schön gestaltetem und in ein Korsett eingeschnürtem Herz ausgefüllt. Für meine Kritik an dem ebenso grotesken Interview mit Claudia Cornelsen fehlt mir jetzt einfach die Kraft.
KEVIN BAILER, Berlin
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