LeserInnenbriefe:
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Ageismus im eigenen Blatt
betr.: „Ausgeschunkelt“, taz vom 16. 1. 16
Lieber Michael Brake, eigentlich lese ich die taz ja gerne, mag den Stil, den Ton, die Thematik. Dann kommt so ein Hammer von Dir! Nun weiß ich nicht, wie alt Du bist – ich bin 63. Ich erinnere mich an meine Hamburger Zeit in der Altonaer Werkstatt 3: unten die Caféteria, dann die AWO, das Kulturbüro, oben die IZ3W und das kleine Hamburger taz-Büro und unsere Unterrichtsräume von der Heinrich-Heine-Kooperative. War eine gute Zeit. Damals habe ich auch nicht geglaubt, dass ich mal alt sein werde. Nun bin ich es. Und ich nehme gewaltigen Anstoß an dieser Sprache, die Du da auf „die Alten“ loslässt. Auf den Seiten davor Beiträge zu Sexismus. Wie steht es mit „Ageismus“ im eigenen Blatt? „Die Alten“? Das sind doch auch die Leute aus der damaligen „Bewegung“, die Euer Blatt erst möglich gemacht haben. Und nun sitze ich hier in der Südwestprovinz, habe es so schwer, Menschen meiner Generation zu finden, mit denen sich vernünftig reden lässt (und die vernünftigen Jungen sind genauso rar!), kaufe mir ab und zu die taz und freue mich – und nun kommst Du und machst mir das kaputt. Schäm dich!
Brigitte Roth,Kappelrodeck
Immer noch „Neuland“?
betr.: taz.Neuland
Ist ja schön, nach so vielen Jahren auch über meine Region regelmäßig in der taz lesen zu können, aber müsst ihr es „Zone“oder „Neuland“ nennen !? Ich hatte gehofft, wir wären darüber hinweg! Claudia Steudel, Leipzig
Technologieverliebte Medienpolitik
betr.: „Radio Gaga“, taz vom 23./24. 1. 16
Der digitale Empfang von Rundfunksendern (DAB) ist vielleicht schick für Berlin und eine schöne neue Technologie. Für das platte Land, ja sogar für Großstädte, existiert kein brauchbares DAB-Angebot und es ist auch keins zu erwarten. Schade, dass Jürgen Bischoff nicht außerhalb des Elfenbeinturms technologieverliebter Medienpolitik recherchiert hat. Ich lebe in Luckenwalde und habe die Entwicklung seit mindestens 10 Jahren beobachtet. Als ich im vorigen Jahr auf der DAB-Website wieder zu lesen bekam „coming soon“, habe ich angefragt. Man antwortete mir, dass der Ausbau derzeit nicht weiter vorangetrieben werde. Und es wäre wahrlich etwas auszubauen. Von Berlin nach Süden und Westen gesehen steht der nächste DAB-Sender in Wittenberg. Außerhalb des Autobahnrings kommt im Land Brandenburg nichts mehr an. Man braucht eine Dachantenne.
Im Westen ist es nicht anders. Im vorigen Sommerurlaub im Sauerland (Brilon, Diemelsee) habe ich wegen miserablen UKW-Empfangs nach DAB geforscht. Ein örtlicher Händler und Antennenbauer winkte nur müde ab, andere hatten dort noch nie was von DAB gehört. Da mutet es schon wie eine kulturelle Leistung an, wenn gerade in der bergigen Schweiz der Umstieg für die Hörer so einfach gewesen sein sollte. Als Breitbandbeauftragter weiß ich, dass man Leute zu Hause anrufen muss, um zu erfahren, wie die Versorgung wirklich ist. Bei DAB hätte Jürgen Bischoff schon ein Blick auf die Website genügt, um nicht in Verschwörungstheorien von Umrüstungsverweigerer-Lobbys zu verfallen. Christian von Faber, Luckenwalde
Iss was!
betr.: „Spießrutenlauf für Dicke“, taz vom 22. 1. 16
Auch schlanke Menschen müssen sich regelmäßig rechtfertigen. „Iss was“, ist eine mehr als nervige Aufforderung, die schlanke Menschen ständig ertragen müssen. Vor einiger Zeit schleuderte mir ein adipöser Arzt entgegen: „Ich hasse schlanke Menschen!“ Und vor wenigen Wochen drohte ich arbeitslos zu werden, weil eine adipöse Amtsärztin eine Einstellung von mir (BMI von 20 und das seit 15 Jahren) aufgrund meines „niedrigen Gewichts“ ablehnte. In den Augen dickerer Menschen gelten schlanke Personen, besonders schlanke Frauen, generell als magersüchtig, alkohol- oder medikamentenabhängig. Zuzunehmen ist für manche Menschen aber ebenso schwer wie abzunehmen für andere. Auch dafür verlange ich Verständnis. Britta B., Dortmund
Kein Mitleid mit Gabriel
betr.: „Mitleid mit Sigmar Gabriel“, taz vom 19. 1. 16
Nein, kein Mitleid mit Gabriel und seiner SPD. Wer sich nicht um die Menschen kümmert, sondern den Kapitalismus verschärft, ist selbst schuld. Die SPD meint, dass durch immer mehr Wachstum, Globalisierung, Freihandel für die Menschen etwas rausspringt. Viele merken, dass das nicht so klappt. Niedriglöhne, Doppeljobs, Arbeitsverdichtung. Nur so funktioniert noch (!) das deutsche „Jobwunder“ – der Wettbewerb wird es wegfegen. Und jetzt kommen noch Verlierer aus anderen Ländern. Schon wird am Mindestlohn genagt. Die Verlierer unserer Gesellschaft haben zwei Möglichkeiten: Sie können versuchen, die Gründe zu erkennen und bekämpfen, zumindest aber den westlichen Reichtum gerechter verteilen und dann aus einer sichereren Position heraus Flüchtlingen Zuflucht bieten. Sie können aber auch Sündenböcke suchen und zu den Rechtspopulisten wandern – schon in den 30er Jahren fischten Nazis in ähnlicher Klientel.
Thomas Keller , Königswinter
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