LeserInnenbriefe:
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Tatbestand der Volksverhetzung
betr.: „Zündelnde Siedler“, taz vom 31. 7. 15
Der UN-Sicherheitsrat und der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilten den Brandanschlag, bei dem jüdische Siedler ein palästinensisches Kind töteten. Überraschend kommt dies alles nicht. Im März rief der bisherige israelische Außenminister Avigdor Lieberman dazu auf, „Arabern“ mit israelischem Pass, die sich nicht loyal verhalten, die Köpfe abzuhacken (Süddeutsche Zeitung). Die israelische Justizministerin Ayelet Shaked schrieb auf Facebook, man solle arabische Frauen töten, damit sie keine Schlangen gebären (Wikipedia). In Deutschland wäre damit der Tatbestand der Volksverhetzung und des Aufrufs zum Mord erfüllt. MARTIN BREIDERT, Bad Honnef
Ein bequemes Argument
betr.: „Kein Schutz ohne Flugverbot“, taz vom 3. 8. 15
Ein guter Meinungsbeitrag mit einigen kleinen diskussionswürdigen Details. So ist das Motiv der Türkei und des Libanons, den Konflikt nicht ins eigene Land zu lassen, sicher legitim – abgesehen davon, dass der Konflikt dort leider bereits angekommen ist. Jedoch enthält es ein Argumentationsärgernis, das die Debatten über Interventionen in Konflikte seit mindestens 20 Jahren prägt. Bente Scheller kritisiert durchaus nicht als Erste und Einzige, dass Bodentruppen in einer Sicherheitszone in Syrien „weder die USA noch die Türkei entsenden wollen“. Und hier könnte man leicht hinzufügen: „Und Deutschland allein oder im Verbund mit europäischen Partnern auch nicht.“
Etwas fordern, das dann bitte andere ausführen sollen, ist zwar ein höchst moralisiertes, aber auch ein sehr bequemes Argument. Die USA können sowieso machen, was sie wollen, sie werden immer kritisiert werden. Tun sie nichts, wirft man ihnen vor, einen Konflikt nicht zu stoppen; intervenieren sie, zerstören sie bestehende Strukturen und tragen die Schuld an der Eskalation. Damit geht es den USA nicht anders als den Jugendämtern in Deutschland, die auch immer alles nur falsch machen können – Verwahrlosung hingenommen oder Familien zerstört. OLIVER VARELMANN, Münster
Harry-Potter-Mediziner
betr.: „Die unverträgliche Gesellschaft“, taz vom 1./2. 8. 15
Vielen Dank, Frau Rossbauer, für ihren erhellenden und berührenden Bericht über ihre Erfahrungen mit Nahrungsmittelallergien und den überraschend vielfältigen Diagnosemethoden. Bekannte, die mir von Allergien berichten, frage ich inzwischen immer nach der Diagnose – in neun von zehn Fällen hat diese dann ein Harry-Potter-Mediziner (aka Heilpraktiker) erpendelt oder ähnlich dubios und evidenzlos erstellt. Das ist ein Markt, der im Artikel zu kurz kam. HELMUT FLIGGE, Kassel
Traurige junge Leute
betr.: „Denn eins ist unsicher: die Rente“, taz vom 30. 7. 15
Natürlich müssen Überschriften pfiffig sein. Oft genug freuen wir uns gewaltig darüber. Aber dennoch darf man das Hirn nicht völlig ausschalten, gerade wenn es um ein viel diskutiertes Thema wie „die Rente” geht. Ihr habt das alte Norbert-Blüm-Versprechen „Die Rente ist sicher“ ins Negative verkehrt. Und damit trefft ihr natürlich genau den Zeitgeist – die solidarische, umlagefinanzierte Rente soll ja schlechtgeredet werden. Damit auch einer der letzten großen Pfeiler des Sozialstaats für die Marktradikalen geöffnet wird. Denn die Neoliberalen können es nicht ertragen, dass hier noch ein mächtiger Geschäftszweig an ihren privaten Kassen vorbeiläuft. Dies alles schreiben übrigens die klugen taz-Leute dann sehr richtig in verschiedenen Artikeln. Aber viele, hauptsächlich am Kiosk, lesen halt nur die Aufmacherüberschrift und sehen das Foto mit den traurigen jungen Leuten. HEINER MÜLLER-ERMANN, Dorfen
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