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LeserInnenbriefe

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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Mehr Opfer als Täter

betr.: „Häusliche Gewalt“, taz vom 30. 6. 15

Gut. An wenigen Stellen mit einem Überschuss an Boshaftigkeit. Ansonsten: präzise, messerscharf. Tatsächlich ist Griechenland in seinem – wohlgemerkt eigenverschuldeten Korruptions- und Desorganisationssumpf – auch gesamt-EU-wirtschaftlich sehr viel mehr Opfer als Täter. Unabhängig von dem Grundanspruch an eine europäische Solidarität! Die wenigstens verstehen es. Finanzbuchhalter und Politiker, Muttis und Tanten und Onkelz – hier sind sie einfach fehl am Platze. Und Staatsmänner, die es bräuchte: Fehlanzeige! Kompliment, Herr Friebe!

AXEL ZYREWITZ, Rottweil

Gestohlene Zeit

betr.: „Den Abiturienten zeigen, wo der Hammer hängt“, taz 1. 7. 15

Sind die ersten Seiten der Ausgabe noch geprägt vom kritischen Geist und der Reflexion der Griechenlandkrise, ist der Artikel über die Berufsorientierung erschreckend einseitig und stark an der Ökonomisierung des Lebens ausgerichtet. In ihm werden die Ergebnisse einer Vodafone-Studie dargestellt und weder erläutert noch kontextualisiert. Er scheint ein Teil des Systems, dass durch die Entleerung sämtlicher Unterrichtsinhalte und Ziele, die Schule als Institution zur Persönlichkeitsentwicklung und als Moratorium zur eigenen Entfaltung durch das Wort Methodenkompetenz ersetzt wurden, und die Bedingungen der gesetzten Lernziele und Aussagen nicht mehr hinterfragt, reflektiert und kritisiert werden. So wird in dem Artikel, genau so, wie es uns als Floskel seitens verschiedener Instanzen in den Mund gelegt wird, behauptet, dass das Ungeeignetsein für ein Studium sich in den hohen Bachelorabbruchszahlen widerspiegele. Wenn sie etwas widerspiegelt, dann nur die Normen des Systems! Die den Erfolg des Studiums am Abschluss messen und die Bedingungen nicht hinterfragt, weshalb Studenten ihr Studium abbrechen.

Unter den Abbrechern sind auch viele, die ein Studium wechseln und über das Erststudium Erkenntnisse über sich selbst erlangt haben. Manchmal führt ein falscher Studiengang zu viel mehr Selbsteinsicht und Perspektive, als es die Schule mit Berufsvorbereitungskursen in der Lage ist. Unter den Abbrechern sind aber auch welche, deren Illusion von der Uni als Ort der Reflexion der bitteren Realität von Modulen, Bürokratie, Leistungspunkten, Regelstudienzeit und in den Worten meines Dozenten „Schule 2.0“ gewichen sind.

Sicherlich besteht ein volkswirtschaftliches Interesse an dem erfolgreichen Abschluss eines Studiums im herkömmlichen Sinn. Doch sind sowohl die StudentInnen als auch die SchülerInnen nicht nur wirtschaftliche Akteure, und Erfolg ist nicht immer mit wirtschaftlichem Erfolg gleichzusetzen. Die SchülerInnen, die ihr Abitur unter der Reform G8 abschließen müssen, stehen von jeher unter dem Druck, wirtschaftlich rentabel zu sein. Sie sind angehalten, in verkürzter Zeit einen Zettel mit der Aufschrift „Abiturzeugnis“ in den Händen zu halten, und sollen sich trotz der ihnen gestohlenen Zeit immer früher auch schon beruflich orientieren. Wo bleibt da das Moratorium Schule als Ort, an dem sich ausprobiert werden kann, an dem quergedacht werden kann. Und wo bleibt der Ort, wenn die Universität es auch nicht bietet? Wenn die Schule nur noch als Ort der Berufsorientierung gedacht wird, stellt sich mir die Frage, an welchem Ort dann die Reflexion des eigenen Individuums steht, die der Berufsorientierung vorausgeht. Der Hammer hängt ihrer Meinung nach anscheinend in der Wirtschaft. Die ebensolche Studien finanziert wie in diesem Fall die Firma Vodafone. Und der Hammer schwingt gewaltig und unter ihm liegen wir, die StudentInnen und SchülerInnen.

PAULINE BLOCH, Münster

Nur püriertes Essen

betr.: „Alte Meister“, taz vom 2. 7 15

Es wäre erhellender gewesen, bei Ihrer Bildbeschreibung in einem Nebensatz zu erwähnen, dass es Patienten gibt, die aus einer Not heraus nur püriertes Essen zu sich nehmen können. Das trifft laut der Zeitungsinformationen hier in Erlangen auch auf den Altenheimbewohner Herr Jürgen F. in Nürnberg zu, der die Fotos postet. Nachweislich sind auch Fotos von ihm ins Netz gestellt, die nicht von seinem Heimessen stammen. Jeder wird sich vorstellen können, dass breiiges Essen an Ansehnlichkeit und Appetitlichkeit verliert, das ist auch am heimischen Herd so. Sicher ist es auch sinnvoll, bei der Thematik der Versorgung von Altenheimbewohnern die Augen offen zu halten. Der angespannten Personalsituation und daraus resultierendem Zeit- und Finanzdruck in manchen Heimen sind solche „Kurzgeschichten“ sicher nicht dienlich.

SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen

Eine gute Nachricht

betr.: „Kein Bahnstreik bis 2016“, taz vom 2. 7. 15

Das ist ja eine gute Nachricht! Da scheint sich die Hartnäckigkeit von Herrn Weselsky gelohnt zu haben und die vielen Streiks zulasten der Bahnkunden waren nicht umsonst.

JULIA ENGELS, Elsdorf

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