: Lennartz beantragt Disziplinarverfahren
■ Erregte Debatte im Landtag von Hannover
Der hannoversche Regierungspräsident Hans-Albert Lennartz (Grüne) hat gestern selber die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt, um endlich die immer wieder mit Akten aus seiner Schulbehörde gegen ihn erhobenen Vorwürfe „in einem rechtlich einwandfreien Verfahren“ entkräften zu können (vgl. ausführlich taz vom 7.10.).
In einer erregten Debatte hatte Ministerpräsident Gerhard Schröder am späten Nachmittag im Landtag den Entlassungsantrag der CDU gegen Lennartz zurückgewiesen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Thea Dückert kritisierte das Innenministerium. Es habe Vorwürfe gegen Lennartz trotz der ihm vorliegenden Beweismittel nicht öffentlich entkräftet. Zum Teil sei lange geprüft worden, ohne das fachlich zuständige Kultusministerium zu befragen. Sowohl SPD-Fraktionschef Johann Bruns als auch Schröder nahmen Innenminister Glogowski daraufhin gegen die Kritik in Schutz. Der Minister selbst äußerte sich nicht.
Auch Lennartz bedauerte in seinem Brief, daß das Innenministerium als dienstvorgesetzte Behörde seiner Ansicht nach bei der bisher internen Prüfung gegen ihn die „verfügbaren Möglichkeiten der Aufklärung nicht ausgeschöpft habe“. Er habe dem Innenminister in mehreren Stellungnahmen, zuletzt am Montag, erklärt, warum die Vorwürfe gegen ihn nicht stichhaltig seien. Grünen-Fraktion und Grünen- Landesvorstand richteten auch in einer gemeinsamen Erklärung schwere Vorwürfe gegen das Innenministerium. Das Innenministerium habe durch sein Vorgehen die Stimmung gegen Lennartz „weiter angeheizt“, sagte Vorstandssprecherin Gila Altmann.
Den Erklärungen waren am Donnerstag vertrauliche Gespräche bei den Grünen sowie zwischen führenden Koalitionsvertretern vorangegangen. Ein Treffen der Spitzen von SPD und Grünen und dem Innenministerium am Vorabend hatte noch keine Klarheit gebracht.
CDU-Fraktionschef Jürgen Gansäuer erklärte im Landtag, Lennartz habe sich in zwei Fällen mit Weisungen an die Schulabteilung „objektiv rechtswidrig verhalten“. Er habe versucht, rechtlich unzulässige Entscheidungen zu erreichen, was lediglich an der „Zivilcourage“ der ihm unterstellten Beamten gescheitert sei.
Schröder hielt dem entgegen, die CDU verurteile Lennartz bereits öffentlich, ohne ein rechtsstaatlich sauberes Verfahren zur Überprüfung der Vorwürfe abzuwarten. Für die FDP-Fraktion, die die Koalition und Lennartz wie Gansäuer heftig kritisierte, erklärte deren Vorsitzender Martin Hildebrandt, über den Entlassungsantrag wolle man erst nach Ende der Prüfungen entscheiden. dpa/taz
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