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Leicht retrospektiv

Das Museum für Kommunikation zeigt mit „WunderbareWerbeWelten“ viel sattsam Bekanntes und insgesamt eine von der Zeit und Kritik überholte, wenig investigative Ausstellung zur Werbewirkung

von CHRISTIAN T. SCHÖN

„Sex sells“ lautet die unterschwellige Botschaft der freizügigen Oberkörper-Computer-Marionette Harmony, die einen am Eingang zur Ausstellung WunderbareWerbeWelten im Museum für Kommunikation begrüßt. Zunächst fühlt mann sich noch nett ertappt von der Simulation, bis sie sich gleich darauf als die Vorstellung des durchschnittlichen deutschen Mannes von seiner Traumfrau entpuppt. Werbung, die wirkt, zwar. Aber wer möchte schon Durchschnitt sein?

Der demoskopische Ort, an dem dieser Durchschnitt ermittelt wurde, lag lange Zeit in Haßloch. In dem pfälzischen Örtchen können sekundenweise Probe-Werbeclips ins Programm geschaltet werden, ohne dass die Zuschauer es merken, und in speziellen Supermärkten wird daraufhin ihr Kaufverhalten beobachtet. Doch mit diesem fast schon investigativen Einstieg in das Thema Werbemacher und -mechanismen ist die Originalität der Ausstellung auch schon beendet. Der Film über Haßloch selbst stammt aus den 80ern. Auf bunten Wolkendiagrammen, die nicht nur räumlich den Sinn versperren, kann man sich als nächstes den zwölf Prozent Hedonisten im Westen oder den sieben Prozent des aufstiegsorientierten Pioniermilieus im Osten zuordnen, und dann... Zumindest die Marktforscher wissen angeblich, wofür die lustigen Völkchen-Wölkchen gut sind. Dem Besucher bleibt nur verständnisloses Starren.

Dafür kann man in der Schau aber echte Werbungsmacher kennen lernen. WunderbareWerbeWelten stellt nämlich unter anderem den Kreativpool von Scholz & Friends vor. Oder ist es Ironie der Macher, wenn sie die Monitore, in denen Making-Ofs der F.A.Z.-Werbung der Agentur laufen, in sargähnliche Türme stecken? Aktualität ist jedenfalls nicht die Stärke der Ausstellung. Anfang 2001 zusammengestellt, haben Zeit und Kritik die Schau längst überholt.

Die zweite Hälfte preist fast ausschließlich die sattsam bekannten Produkte der ehemaligen Staatsmonopolisten Post und Telekom an. Überflüssig ist auch der Bereich „Celebrities – Prominente in der Werbung“, in dem mit keinem Wort die Ausfälle von Boris Becker und Jan Ulrich thematisiert werden. An diesen Fehlern der Werbung und den Abweichungen von der Regel hätten die Werbemechanismen sichtbar werden können: „Marken sind im Kern selbstsüchtige Wesen, sie müssen Wettbewerber ausschalten und hermetische Markensysteme errichten“, hat Naomi Klein einmal gesagt.

Auch andere interessante Effekte der Werbeindustrie fehlen. Von Sweatshops, Kinderarbeit, Hungerlöhnen, Umweltverschmutzung und Kultursponsoring keine Spur. Keiner der matten Leuchtkästen widmet sich regionalen Unterschieden in der Packungsgestaltung bei weltweit vertriebenen Produkten, wie sie etwa die Schweizer Künstlerin Ursula Biemanns in ihrem Projekt Global Food sammelte. Anders als die sonst so lobenswerten Ausstellungen des Kommunikationsmuseums bleibt WunderbareWerbeWelten einseitig und oberflächlich und verliert sich in unüberschaubaren Tafelbildern und kommentarlosen Paletten von Werbe- und Lizenzprodukten mit leicht retrospektivem Touch.

Bis 23. Februar, Di-So 9-17 Uhr, Museum für Kommunikation, Gorch-Fock-Wall 1

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