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Lehrstellen-MangelGeschönte Statistik

Offiziell gibt es mehr offene Lehrstellen als Bewerber ohne Ausbildungsplatz. Doch Jugendliche in berufsvorbereitenden Maßnahmen werden schlicht rausgerechnet.

Ausbilder mit Lehrling, fotografiert im Eurocopter in Donauwoerth, Bayern. Bild: ap

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Zum zweiten Mal in Folge gibt es zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres offiziell mehr unbesetzte Lehrstellen als unversorgte BewerberInnen. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte, stehen 17.300 unbesetzten Stellen 9.600 Jugendliche gegenüber, die trotz Bewerbung noch keinen Ausbildungsplatz haben. "Die Bilanz zeigt, dass sich die Lage trotz der Rezession weiter entspannt hat", erklärte BA-Vorstand Raimund Becker in Nürnberg.

Hinter dieser vermeintlichen Entspannung verbergen sich jedoch ernüchternde Zahlen. So wurden den Vermittlungen von BA und Arbeitsgemeinschaften (Argen) im Ausbildungsjahr 2008/2009 nur noch 475.400 Lehrstellen gemeldet, 7,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging zurück: Bis Ende September wurden 497.447 Verträge in Industrie und Handel, im Handwerk und den freien Berufen unterschrieben, beinahe 8 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Dass es offiziell dennoch keine "Ausbildungslücke" mehr gibt, ist vor allem dem demografischen Wandel geschuldet. Die geburtenschwachen Jahrgänge kommen jetzt ans Ende ihrer Schulzeit, die Anzahl der AbsolventInnen geht zurück. Bis Ende September haben sich daher nur 533.400 Jugendliche, die eine Lehrstelle suchten, bei BA und Argen gemeldet. Das sind 14 Prozent weniger als vor einem Jahr und mehr als ein Viertel weniger als vor zwei Jahren. Besonders stark war der Rückgang im Osten, wo es noch immer mehr Bewerber als offenen Stellen gibt.

Während die Partner des Ausbildungspakts, der 2004 von Bundesregierung und Spitzenverbänden der Wirtschaft geschlossen wurde, die Situation am Ausbildungsmarkt als "entspannt" bezeichneten, sprach der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) von einer frisierten Bilanz. "Die Statistik wird schöngerechnet", erklärte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende DGB-Vorsitzende.

Nach DGB-Angaben haben 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren keine abgeschlossene Ausbildung. Als "zynisch" bezeichnet Sehrbrock daher die Aussage von BA-Vorstand Becker, jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen werde der Einstieg ins Berufsleben ermöglicht. Fast 75.000 junge Menschen würden auch dieses Jahr in Warteschleifen untergebracht. Meist, weil sie nach BA-Einschätzungen nicht ausbildungsreif sind. Sie würden in der Statistik als versorgt gezählt, obwohl sie nur in sogenannten berufsvorbereitenden Maßnahmen stecken, bemängelt der DGB. Die BA verteidigte die Maßnahme: "Wir machen die Reparaturarbeit für die Versäumnisse der Schule und machen die Jugendlichen fit für den Beruf", erklärte eine Sprecherin.

Eine geschönte Statistik helfe jedoch niemandem, so der DGB. Im Gegenteil: "Sie täuscht eine entspannte Lage vor und nimmt damit den Druck von den verantwortlichen Akteuren", so Sehrbrock.

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4 Kommentare

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  • A
    asd

    diese nicht auszubildenden sind dann aber auch nicht restlos zur verantwortung zu ziehen.. da spielt die situation in der schule und im üblichem sozialen umfeld eine sehr grosse rolle! und da liegt die verantwortung eben wieder etwas tiefer.

     

    zudem sind rechentricks doch ein beliebtes mittel der regierung uns zu täuschen.

     

    die arbeitslosenzahlen sind auch masslos verfälscht. grob überschlagen haben wir 10 millionen menschen die im erwerbsfähigem alter sind und sich nicht selbstständig finanzieren können- auf hilfe von staat angewiesen sind. und da sind die ganzen kurzarbeiter noch nicht mit drinn!

  • A
    Anna

    Zitat watnu09:

    "Wenn ich jedes Jahr erleben darf, was an ungebildeten und defizitär ausgebildeten Schulabgängern ins Berufsleben tritt, kann ich dieser Aussage von Herrn Becker nur zustimmen. Die, die den Einstieg zu den immer weiter herunterheschraubten Anforderungen nicht schaffen, sind tatsächlich nicht ausbildungsfähig."

     

    Ich muss diese Aussage bestätigen! Ich weiss, dass im Handwerk dringend Auszubildende gesucht sind, aber nicht genügend qualifizierte Schulabgänger vorhanden sind.

    Man könnte ja dann noch argumentieren, dass Schulnoten nicht den Ausschlag geben sollten wenn jemand wirklich mit Begeisterung und Interesse an seinen Ausbildungsberuf rangeht.

    Aber leider ist oft das Gegenteil war. Viele angehende Auszubildene kommen mit völlig falschen Vorstellungen und Erwartungen zum Bewerbungsgespräch, haben sich nicht über den Beruf informiert, manche weisen Aufälligkeiten im sozialen Umgang auf.

    Ein Praktikum ist für viele schon das Ende des Bewerbungsverfahrens.

    Im Handwerk ist zB eine gewisse Hierarchie traditionell immer noch üblich, da dies an unseren heutigen Lehrsystem fast völlig untergraben wurde (teilweise respektloser Umgang zwischen Schülern und Lehrern) kann es auch zu Problemen in der Bewerbungsphase kommen.

     

    Ich nehme an, dass heutzutage die beliebtesten Ausbildungsversuche nicht im Handwerk sind. Es gibt vielleicht mehr Ausbildungsstellen als qualifizierte Bewerber, allerdings auch eine Verschiebung von Angebot und Nachfrage was die Fachrichtung betrifft.

    Meine Meinung ist auch, dass die Problemlösung in Schulen angepackt werden muss. Viele Schüler scheinen nicht mehr zu wissen wie man mit Herausforderungen fertig wird da die schulischen Ansprüche niedrig sind, oft fehlt der Ehrgeiz.

  • B
    Becker

    Was soll die Miesmacherei? Der Beitrag ist widersprüchlich. Natürlich gibt es weniger Abschlüsse, wenn es weniger Bewerber gibt. Das Verhältnis 7,1%(weniger Abschlüsse) zu 14%(weniger Bewerber) ist sehr wohl eine gute Nachricht.

     

    Im übrigen wissen wohl alle, welche Kandidaten da unter "nicht ausbildungsreif" laufen. Hier kann man weder Betrieben noch BA irgendeinen Vorwurf machen. Die taz kann ja mal einen von denen in die Ausbildung nehmen...

  • W
    watnu09

    Zitat: Als "zynisch" bezeichnet Sehrbrock daher die Aussage von BA-Vorstand Becker, jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen werde der Einstieg ins Berufsleben ermöglicht.

     

    Das ist nicht zynisch! Wenn ich jedes Jahr erleben darf, was an ungebildeten und defizitär ausgebildeten Schulabgängern ins Berufsleben tritt, kann ich dieser Aussage von Herrn Becker nur zustimmen. Die, die den Einstieg zu den immer weiter herunterheschraubten Anforderungen nicht schaffen, sind tatsächlich nicht ausbildungsfähig.

     

    Grüße aus der realen Welt an die Verdrängungskünstler.