Legende des US-Journalismus: Chef der Watergate-Enthüllungen tot
Ben Bradlee war Chefredakteur der „Washington Post“, als die Watergate-Affäre ans Licht kam. Nun starb er im Alter von 93 Jahren.
BERLIN taz | Ben Bradlees Name wird immer mit der Washington Post verbunden bleiben. Der Mann, der am Dienstag mit 93 Jahren gestorben ist, war 26 Jahre lang Chefredakteur der Zeitung. Erst unter seiner Ägide und mit Rückendeckung der Verlegerin Katharine Graham, wurde die Post zu einer der führenden Zeitungen.
Es war sein Verdienst, die Zeitung von einer Washingtoner Lokalzeitung zu einem landes- und weltweit führenden Medium zu machen. Dafür steht nicht nur sein hemdsärmliger, fordernder und motivierender Stil, wie ihn nahezu alle Post-Mitarbeiter beschreiben, die dort unter ihm gearbeitet haben. Es sind vor allem zwei Ereignisse, die das Ansehen Bradlees und der Washington Post in schwindelnde Höhen haben schießen lassen: der Watergate-Skandal, der den beiden jungen Reportern Bob Woodward und Carl Bernstein zu Weltruhm und der Post zu einem Pulitzerpreis verhalf und schließlich 1974 Präsident Richard Nixon zu Fall brachte. Es war der erste und einzige Rücktritt eines US-Präsidenten bis heute. Bradlee hatte seinen Reportern gegen alle Anfeindungen immer den Rücken gestärkt. Mit Erfolg.
Und da waren die Pentagon Papers, jene von dem Whistleblower Daniel Ellsberg geleakten Dokumente über die US-Lügen im Vietnamkrieg, die 1971 zuerst die New York Times gedruckt hatte, die aber auch Bradlee veröffentlichte, als die Times zusehends stärker unter den Druck der Regierung geriet.
Beide Ereignisse zusammen machten aus Bradlee das Idol der „vierten Gewalt“ im Staat und prägten lange Zeit das Selbstverständnis des US-Journalismus. Dabei war Bradlee nicht zuletzt jemand, dem es auch ums Geldverdienen ging. Seinen Einstieg in die Führungsriege der Post verdankte er, damals noch Newsweek-Reporter, seiner Idee, der Post vorzuschlagen, Newsweek zu übernehmen. Das klappte – Ben Bradlee kassierte eine hübsche Provision und stieg auf.
Er verließ die Zeitung 1991 mit siebzig Jahren. Die Krise der Printmedien in den letzten Jahren, die auch die Washington Post ergriff, hatte er nicht zu verantworten.
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