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Lea Bonasera gibt Antworten Was hat Ihr Denken beeinflusst?

Lea Bonasera – Mitbegründerin der Letzten Generation, Protestforscherin und Buchautorin – hat den taz FUTURZWEI-Fragebogen ausgefüllt.

Ende letzten Jahres hat Lea Bonasera die Letzte Generation verlassen Foto: Norman Konrad

taz FUTURZWEI | Was hat Ihr Denken beeinflusst, Lea Bonasera?

Auf jeden Fall mein Bachelorstudium in Liberal Arts and Sciences, bei dem es darum ging, interdisziplinär zu denken und ein Thema aus möglichst vielen verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Von diesem vielfältigen und offenen Ansatz profitiere ich noch heute.

Wer hat Ihr Denken beeinflusst?

Starke Frauen in allen Lebensbereichen.

Ihre Lieblingsdenkerin, die sonst niemand kennt?

Ich fände es schön, wenn mehr Menschen Bertha von Suttner und ihre Arbeit kennen würden.

An welchem gefährlichen Gedanken denken Sie rum?

Ich würde nicht sagen, dass ich gefährliche Gedanken habe.

Welche Diskussion ist komplett festgefahren?

Aktuell die meisten Diskussionen in unserer Gesellschaft. Mir bereiten diese Verhärtung und Polarisierung große Bauchschmerzen und es ist mir ein Anliegen, dies auf allen Seiten wieder mehr aufzubrechen. Wie hat die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan-Maguire so schön gesagt: »If we want to reap the harvest of peace and justice in the future, we will have to sow seeds of nonviolence, here and now in the present.«

Welche Position langweilt Sie?

Oberflächliche Gespräche, bei denen wir nicht in die Tiefe gehen. Und das Patriarchat.

Welche drei Menschen der Zeitgeschichte würden Sie zu einem Abendessen einladen wollen?

Gene Sharp, Michelle Obama, Diane Nash.

Wen finden Sie gut, obwohl Ihre Peergroup ihn oder sie blöd findet?

Volker Wissing, weil er ein freundlicher und angenehmer Gesprächspartner ist (obwohl die aktuelle Verkehrspolitik natürlich absolut katastrophal ist).

Welche drei Bücher würden Sie als Deutschlehrerin lesen lassen?

Werke von Hannah Arendt, Anne Frank und natürlich Pippi Langstrumpf.

Welche Künstler:innen sind auf der Höhe der entscheidenden Fragen?

Rupi Kaur, gerade ihr Buch home body hat mich sehr bewegt und trifft genau den Kern der Zeit.

Die aktuelle taz FUTURZWEI

taz FUTURZWEI N°28: Weiterdenken

Wer ist „Der kleine Mann“, wer sind „Die da oben“, wie geht „Weltretten“, wie ist man „auf Augenhöhe“ mit der „hart arbeitenden Bevölkerung“? Sind das Bullshit-Worte mit denen ein produktives Gespräch verhindert wird?

Über Sprache und Worte, die das Weiterdenken behindert.

U.a. mit Samira El Ouassil, Heike-Melba Fendel, Arno Frank, Dana Giesecke, Claudia Kemfert, Wolf Lotter, Nils Minkmar, Bernhard Pörksen, Bernhard Pötter, Florian Schroeder, Paulina Unfried, Harald Welzer und Juli Zeh.

Zur aktuellen Ausgabe

Die überschätzteste Figur der Gegenwart überhaupt.

Nicht der Gegenwart, aber die endlose Glorifizierung von Gandhi und Martin Luther King verärgert mich schon (auch wenn sie natürlich beide Großes geleistet haben, stehen sie doch oft auf den Schultern von anderen).

Warum scheuen Linke den Humor?

Viele (linke) Widerständler:innen hatten einen ausgezeichneten Humor, beispielsweise Betty Williams und Desmond Tutu. Ich denke, das braucht man auch, um sich immer weiter engagieren zu können.

Wissen Sie, was Sie hoffen?

Auf das Ende der Klimakrise, Frieden und Gerechtigkeit. Und für mich persönlich, dass ich glücklich und gesund bin.

Findet Sie das Glück?

Ja, ich kann mich in vielen Aspekten sehr glücklich schätzen.

Wem wären Sie lieber nie begegnet?

Meinen inneren Kritiker zu treffen, ist schon ganz schön anstrengend, vor allen Dingen, weil er relativ oft vorbeikommt. Allerdings nehme ich auch viel aus unseren Begegnungen mit.

Wann haben Sie aufgehört zu glauben, dass Sie klüger werden (oder glauben Sie es noch)?

Ich glaube, ich stehe erst am Anfang und kann noch so viel lernen.

Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder nein?

Jein, ich würde mich erst einmal mit vielen anderen Menschen besprechen, mir verschiedene Meinungen anhören und integrieren. Nichtsdestotrotz halte ich es für essenziell, mich nicht an der Mehrheitsmeinung, sondern an unseren gemeinsamen Werten zu orientieren und danach zu entscheiden.

Wenn Sie und alle, die Sie kennen, tot sind – interessiert Sie dann die Weiterexistenz der Menschheit noch?

Wahrscheinlich ja. Auch wenn es unglaublich schwer wäre, es geht doch im Leben darum, nach seinen Werten zu handeln und die Welt ein Stückchen besser zu machen. Daran orientiert sich mein Handeln.

Lernen Sie von einer Liebesbeziehung für die nächste?

Ich lerne für das Hier und Jetzt und bin sehr glücklich in meiner Beziehung.

Worum geht es im Leben eigentlich?

Gutes tun und noch besser essen.

Gibt es zu viel des Guten?

Ja, übertreiben kann man immer und zu gierig sein auch. Außerdem bedingen sich Gut und Böse in meinen Augen gegenseitig. Was nicht heißen soll, dass man das Gute nicht genießen sollte.

Wie alt möchten Sie werden?

Gesunde 100.

Es gibt nur Gangster oder Trottel. Was sind Sie dann?

Meinen Ruf als (friedliche) Gangsterin habe ich mir bei manchen Politiker:innen ja schon erarbeitet ;)

■ Dieser Beitrag ist in unserem Magazin taz FUTURZWEI N°28 erschienen. Lesen Sie weiter: Die aktuelle Ausgabe von taz FUTURZWEI gibt es im taz Shop.