LeBron James wieder in den NBA-Finals: Der Gutmacher
LeBron James steht vor seinem vierten NBA-Titelgewinn. Gegen seinen Ex-Klub aus Miami will er die Los Angeles Lakers wieder groß machen.
G ehört man zu den 47 Millionen Twitter-Followern von LeBron James, wird man dieser Tage regelmäßig daran erinnert, dass Großes bevorsteht. Nein, es geht nicht um Basketball: Nimmermüde erinnert James seine Anhänger daran, dass am 3. November eine Schicksalswahl ansteht und sie unbedingt ihre Stimme abgeben sollen. Aber Basketball? Darüber twittert LeBron schon seit Tagen nicht mehr. Angesichts der Schatten, die die Präsidentschaftswahlen werfen, scheint er der Meinung, dass seine eigene historische Leistung kaum der Rede wert ist.
Tatsächlich sollte man darüber aber auch das eine oder andere Wort verlieren. Denn wenn James heute Nacht mit den Los Angeles Lakers zum ersten von höchsten sieben Spielen gegen die Miami Heat antritt, dann steht er zum neunten Mal im vergangenen Jahrzehnt in den NBA-Finals – eine sagenhafte Serie, die 2011 begann, als James noch selbst für Miami auflief.
Nach acht Finalteilnahmen und insgesamt drei Titeln mit den Heat und den Cleveland Cavaliers ging James nach Los Angeles und führte nun im zweiten Jahr in der Entertainment-Metropole die ruhmreichen, aber in der Mittelmäßigkeit versunkenen Lakers zurück ins gelobte Land. Denn James ist immer hungrig geblieben. „Man darf das nicht für selbstverständlich halten“, sagte er, nachdem klar war, dass er mal wieder im Finale steht, „so etwas passiert nicht irgendjemandem jedes Jahr.“
Nicht irgendjemandem, aber eben LeBron James, dem man seine 35 Jahre kaum ansieht. In der NBA-Blase in Orlando präsentiert sich „King“ James wieder mal als bester Basketballspieler des Planeten. Sein Spiel lebt zwar nicht mehr so von der überragenden Athletik, aber immer noch ist der Ernährungsfreak körperlich robuster als seine sehr viel jüngeren Verteidiger.
Der eigentliche Chef
LeBron ist zwar gealtert, aber wie einer jener sündhaft teuren Rotweine, die er sammelt. Mittlerweile ist er vom Punktesammler zum Spielmacher und Ballverteiler geworden, der mit seiner überragenden Spielintelligenz und langen Erfahrung das Spiel managt. Es gibt Stimmen, die halten Lakers-Coach Frank Vogel nur für eine Marionette, der eigentliche Chef sei LeBron, der aber auch noch in der Lage ist, ein Spiel auf dem Parkett zu dominieren. Wie am Wochenende, als er mit 38 Punkten, 16 Rebounds und 10 Assists die Halbfinalserie gegen die Denver Nuggets nahezu im Alleingang beendete.
Allerdings: Ganz allein kann niemand einen Titel gewinnen. Und Anthony Davis dürfte der beste Mitspieler sein, von dem LeBron jemals unterstützt wurde. „The Brow“, wie das 2,08 Meter große Bewegungstalent wegen seiner zusammengewachsenen Augenbrauen genannt wird, ist mit seiner Präsenz unter dem Korb eine perfekte Ergänzung zu LeBron. Der Großteil des Kaders besteht indes aus Ausgemusterten oder schwierigen Charakteren wie Center Dwight Howard oder Aufbauspieler Rajon Rondo, die sich bei vorherigen Stationen unbeliebt gemacht haben. Auch das gehört zur Größe LeBrons, dass unter ihm ein solcher Haufen von Outcasts zu einer Mannschaft zusammenwächst.
Das gilt allerdings auch für den Gegner. Miami, denen kaum jemand etwas zugetraut hatte. Aber dann schaltete das Team nach dem großen Titelfavoriten Milwaukee Bucks um Giannis Antetokounmpo, der zum besten Spieler der NBA gewählt wurde, auch noch die Boston Celtics aus. Miami fehlen zwar Superstars, aber dafür funktioniert die Mischung aus Altprofis wie Jimmy Butler, der in seinen bisherigen Vereinen noch stets aneckte, und jungen Himmelstürmern wie Bam Adebayo und Tyler Herro hervorragend.
Als Mannschaft müsste Miami den Lakers überlegen sein, LeBron James sagt aber: „Meine Schultern sind breit genug, um einen großen Teil der Last zu tragen.“ In den kommenden Tagen könnte LeBron James mit dem dritten Klub seinen vierten NBA-Titel gewinnen, aber der weitaus wichtigere Sieg soll Anfang November folgen.
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