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■ ScheibengerichtLe Parlement de Musique

Samuel Capricornus – Theatrum Musicum; Leitung: Martin Gester (Opus/Helikon OPS 30-99)

Selbst einem Heinrich Schütz stand er an Berühmtheit kaum nach. Samuel Friedrich Capricornus war ein Star unter den Komponisten des heraufziehenden Barockzeitalters. Stuttgart war in den letzten acht Jahren seines Lebens zu seiner Wahlheimat geworden, wo er als Kapellmeister am württembergischen Hof wirkte. Ins Schwäbische war er 1657 aus der Slowakei gekommen. In Preßburg (Bratislava) hatte er als „director musices mit Nutzen, Ruhm und solchem Fleiß“ die Kirchenmusik so glänzend geleitet, daß man ihn, als man von seinen Abwanderungsplänen hörte, nur ungern ziehen ließ. Davor bildeten Wien und Straßburg Stationen seiner Karriere.

Was seine künstlerischen Ansprüche betrifft, war Capricornus ein Fundamentalist. Europäisches Niveau war seine Meßlatte, und er gab keinen Millimeter nach. Kompromißlos pochte er auf Qualität, ließ der Hofkapelle Schludrigkeiten nicht durchgehen und trieb seine Musiker, wenn es klemmte, zur Mehrarbeit an. Den „Zinckenist“ raunzte er an: Er würde seine Holztrompete wie ein „Kühhorn“ blasen. So macht man sich keine Freunde.

Capricornus, wie sein Name Bockshorn latinisiert lautete, schrieb sowohl geistliche wie weltliche Werke. Seine Musik für Gottesdienst, Oper und Ballett fand in Handschriften weite Verbreitung. Gemäß dem Geist der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg herrscht darin eine schwermütige Stimmung vor, die er durch einen ausgeprägten Sinn für das Wort in bester Madrigalmanier meisterhaft in Szene setzt. Lange Zeit interessierte sich niemand für den musikalischen Kosmopoliten, und seine Musik war auf Platte nicht erhältlich, bis jetzt das renommierte französische Spezialensemble für alte Musik „Le Parlement de Musique“ die frühbarocken Klänge des Vergessenen in brillanter Weise neu interpretiert hat.

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