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Laufzeitverlängerung von Uralt-Akw in USA"Größter Schrotthaufen weit und breit"

Trotz Protesten erhielt das US-Atomkraftwerk Oyster Creek nach 40 Jahren Laufzeit die Genehmigung, weitere 20 Jahre am Stromnetz zu bleiben. Dabei häufen sich die Störfälle.

Altes Kraftwerk: Oyster Creek. Bild: us geological survey

LACEY TOWNSHIP ap | Am ältesten Atomkraftwerk der USA nagt der Zahn der Zeit. Kritiker sprechen spöttisch nur noch von der "Knarrenden Auster" (Oyster Creak), in Anspielung auf den offiziellen Kraftwerksnamen Oyster Creek Nuclear Generating Station. Das inzwischen 40 Jahre alte AKW hat gerade erst eine Lizenz für 20 weitere Jahre erhalten – allen Protesten von Atomkraftgegnern und Anwohnern zum Trotz, die vier Jahre vergeblich versuchten, genau das zu verhindern.

Kurz nach der Lizenzvergabe gab es prompt technische Probleme: Eine ganze Serie von Lecks ließ radioaktives Wasser austreten. Zuvor war schon Korrosion im Sicherheitsmantel des Reaktors entdeckt worden. Die US-Atomaufsicht (NRC) und der Betreiber, die in Chicago ansässige Firma Exelon, sind aber der Ansicht, dass das AKW noch durchhält, bis es 60 Jahre alt ist.

Das nimmt ihnen nicht jeder ab. Das Kraftwerk sei längst nicht mehr zeitgemäß, sagt Jeff Tittel, der im US-Staat New Jersey Vorsitzender der Naturschutzorganisation Sierra Club ist. "Das ist der größte Schrotthaufen weit und breit und die Menschen in New Jersey hängen jetzt noch 20 weitere Jahre daran."

Oyster Creek ging am 1. Dezember 1969 ans Netz und damit genau am selben Tag wie das AKW Nine Mile Point in der Nähe von Oswego im Staat New York. Aber Oyster Creek bekam die Lizenz zuerst und ist damit formal betrachtet das älteste der 104 noch aktiven kommerziellen Atomkraftwerke der USA. Das AKW liegt rund 95 Kilometer östlich von Philadelphia und 120 Kilometer südlich von New York City. Oyster Creek liefert 636 Megawatt Strom, was für 600.000 Haushalte reicht und neun Prozent der Strommenge von New Jersey entspricht.

Widerstand gegen die im April von der NRC gewährte 20-Jahreslizenz gab es besonders wegen der Korrosion im Sicherheitsmantel, deren Ursache aber nach Angaben der Betreiber beseitigt wurde. Das technische Design des Siedewasserreaktors gilt inzwischen als überholt, was aber nach Ansicht der Atomaufsicht nichts damit zu tun hat, dass der Reaktor nicht weiter sicher betrieben werden kann, wie NRC-Direktor Darrell Roberts erklärt: "Sonst hätten wir es nicht erlaubt."

Eine Woche nach der Erteilung der Lizenz entdeckten Arbeiter ein Leck, durch das radioaktives Tritium ausgetreten war. Es kam aus einer unterirdischen Leitung, die bei den letzten Arbeiten 1991 nicht richtig isoliert worden war. Im August wurde dann ein weiteres Tritium-Leck entdeckt, wobei das radioaktive Wasser auch in einen Entwässerungskanal gelangt war.

Nach Ansicht der NRC wurde das Tritium dabei aber so sehr verdünnt, dass es nicht mehr nachweisbar war. Eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung und die Fischerei in dem Gebiet habe nicht bestanden. Die Lecks führten aber dazu, dass die Atomaufsicht eine Überprüfung der unterirdischen Leitungen bei allen US-Atomkraftwerken anordnete.

Paul Gunter von der Anti-Atom-Gruppe Beyond Nuclear wirft der NRC und den Betreibern vor, sie verharmlosten die Lecks. Die Lecks würden sich ausbreiten und schlimmer werden, befürchtet er. Im Februar musste das Kraftwerk wegen eines Transformatorbrands abgeschaltet werden. Die Feuerwehr brauchte 15 Minuten, um ihn unter Kontrolle zu bringen.

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10 Kommentare

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  • AB
    Arme BRD

    zu jo Ho´s Fragen:

    "Ich wohne in der nähe einer solchen dreckschleuder und hab jedesmal ein sch.....gefühl wenn ich das ding nur von weitem sehe" -> Da bitte ich DICH um eine ehrliche Antwort (dir selbst gegenüber), ob Du wirklich schon in den letzten Jahren schlaflose Nächte wegen einem AKW hattest!

    "atomabfälle ? wohin damit?" -> Transmutation oder Wiederaufbereitung oder Endlagerung (wie mit tausenden Tonnen von hochtoxischen nicht-radioaktiven Stoffen auch)

    "wer zahlt die endlagerung?"-> Die Betreiber (musst Du in den Gesetzen gucken)

    "wer zahlt bei einem unfall?"-> Die Betreiber ((musst Du in den Gesetzen gucken)

    "woher kriegen wir in 50 jahren uran?"->da wo wir es jetzt auch herbekommen oder in einer der zig anderen Uranlagerstätten dieser Welt, die bisher nicht ausgebeutet werden oder von der Verschrottung aller Atomwaffen, was mir am liebsten wäre

    "wer kontrolliert die endlagerstätten?"-> Der "Müll" wird nachsorgefrei endgelagert

    "wie hindert man diktatoren daran mit den abfällen bomben zu bauen?"->dadurch, dass er Kilometerweit, nicht rückholbar und nachsorgefrei engelagert wird... oder Transmutation

    "wie verhindert man das in 10000 jahren irgendjemand aus versehen eine endlagerstätte anbohrt?"-> s.o.

    "sie sehen fragen über fragen, haben sie antworten?" -> s.o.

     

    ich hoffe ich konnte weiterhelfen, auch wenn ich kein Lobbyist bin, sondern nur gerne die Dinge umfassender betrachtet haben möchte ;-)

    ...leider kann das die taz aus ideologischen Gründen nicht

  • D
    dongenaro

    "20 Jahre! Smithers - Ausgezeichnet"

     

    C. Montgomery Burns

  • JH
    jo ho

    Atomkraft ist unter den gegebenen umständen ein unsicherer energieträger lieber herr oder frau "arme brd". es geht hier nicht um geld sonder gegebenfalls um menschenleben, was ist denn ihnen ein menschenleben wert. verstehen sie mich nicht falsch ich bin NICHT generell gegen akw`s nur haben diese meiner meinung nach auf einem bewohnten planeten nichts verloren. denn wenn so ein ding hochgeht ( ich weiss, die chance ist gerinnger als im lotto zugewinnen aber auch das passiert manchmal) dann ist es mit aufräumen danach nicht getan. ironie an: ist halt blöd 20000 jahre warten zu mussen um an der havariestellen wieder normal leben zu können. schauen sie sich doch mal tschernobyl an ist ne echt tolle gegend da und die salatköpfe (und nicht nur die) sind riesig. ironie aus. ich wohne in der nähe einer solchen dreckschleuder und hab jedesmal ein sch.....gefühl wenn ich das ding nur von weitem sehe. atomabfälle ? wohin damit? wer zahlt die endlagerung? wer zahlt bei einem unfall? woher kriegen wir in 50 jahren uran? wer kontrolliert die endlagerstätten? wie hindert man diktatoren daran mit den abfällen bomben zu bauen? wie verhindert man das in 10000 jahren irgendjemand aus versehen eine endlagerstätte anbohrt? sie sehen fragen über fragen, haben sie antworten? bitte um rückmeldung wenn es ihre lobbyarbeit bei eon zulässt. mfg joho p.s. vieleicht sollten wir uns alle mal überlegen ob es wirklich notwendig ist jedes einfamilienhaus mit 3 mal 125 amper abzusichern und diese leistung auch zu garantieren oder spielt bei ihnen jeden abend pink floyd ein live konzert?

  • BW
    be. wa.

    Unglaublich.

     

    Dabei könnten die USA mit einem Ecological New Deal spätestens im Jahre 2025 den gesamten Strombedarf aus Sonne Wind Wasserkraft und Erdwärme decken - mit Stromsparen und Effizienssteigern sogar wenn der Verkehr bis dahin weitgehend elektrifiziert wäre.

     

    Leider spielt die Atomenergie sogar in Szenarien wie dem des Earth Policy Institute eine zu große Rolle.

  • G
    gastonlagaffe

    volksvermögen sind auch volksgesundheit, volkssicherheit und umwelt - und da sehe ich bei akw's, in welchem land auch immer, eher schwarz als grün. wie schnell die "mrd. beträge zur sicherheitstechnischen verbesserungen" verpuffen wenn denn wirlich ein gau passiert kann sich jeder depp selber ausrechnen.

     

    zum artikel kann ich nur sagen, typisch. noch mehr lobbyarbeit kann wohl kein wirtschaftszweig schaffen - ausgenommen vlt die rüstungsindustrie. aber vlt werden "sie" es ja merken wenn der schlimmste fall dort eintritt - dann freu ich mich auf deren gejammer...

  • P
    Pat

    Wenn man schon so sicher ist, dass das AKW noch weitere 20 Jahre am Netz bleiben kann, würde ich auf eine persönlich Haftung der Gutachter bestehen. Im Schadensfall hieße das Einzug von Privatvermögen und Knast wegen schwerer Köperverletzung. Ich glaube mit solch einer Art der Haftung hätte es eine andere Entscheidung gegeben. Aber letztendlich sind und bleiben die Verlierer die Verlierer, denn wenn sie es nicht wären gebe es jetzt auch keine 20 Jahre mehr.

  • C
    Christian

    Ja echt mal jetzt, "Arme BRD". Und dazu kommt, dass wir in Deutschland erst seit 50 Jahren vergeblich nach einem Endlager suchen und die in den USA schon mehr als 10 Jahre länger. Da wär es doch Wahnsinn, jetzt schon alle Kraftwerke hier abschalten zu wollen ... oder irgendwie so.

  • I
    iro

    @Arme BRD

    Wenn jemand mit 150 km/h auf eine Mauer zu rast ist es also sicher mit nur 100 km/h auf eine Mauer zu zu rasen?

    Die Atomenergie ist am Ende. Es war ein Experiment und es ist gescheitert. Die Ressourcen und Steuergelder hätte man besser in Energieeffizienz und neue Technologien gesteckt. man sollte jetzt wirklich aufhören schlechtem Geld gutes hinterher zu werfen.

  • B
    Benjamin

    Welches Volksvermögen denn? Das wird höchstens dadurch veruntreut, das der Steuerzahler den größten Teil der Endlagerung und Entsorgung zahlen darf, die (um mal polemisch zu werden) großen Stromkonzerne sich aber die Taschen vollstopfen.

     

    Der Atomausstieg muss endlich durchgeführt werden. Eine Laufzeitverlängerung blockiert den Ausbau der Erneuerbaren Energien und produziert mehr und mehr unlösbare Probleme (= Atommüll). Dass durch eine Verlängerung die Strompreise sinken würden, ist mittlerweile als Lüge enttarnt worden. Mir ist kein haltbares Argument pro Atom mehr bekannt.

     

    Das lächerlichste überhaupt ist die Argumentation, Deutschland müsse an der Atomenergie festhalten, weil andere Länder es auch tun. Das Gegenteil ist der Fall. Viele Staaten schauen neidisch auf das realistische deutsche Ausstiegskonzept. Die Wirtschaft wird durch den massiven Ausbau der Erneuerbaren stärker gefördert, als es durch die Atomindustrie je möglich wäre. Wir müssen in diesem Punkt den Mut haben voran zu gehen und, warum warten, wenn es mittelfristig sowieso keine Alternative gibt?

  • AB
    Arme BRD

    ...und wir in Deutschland, dem Land der Besserwisser, wollen Kraftwerke abschalten, die gerademal 30 Jahre alt sind und für sicherheitstechnische Verbesserungen für Mrd. Beträge nachgerüstet wurden!

     

    ....so wird Volksvermögen veruntreut von angeblichen Gutmenschen bei Rot und Grün!