■ Landwirtschaftsministerium legt ersten Waldbericht vor: Schade um die Bäume
Von sterbenden Bäumen ist in den vergangenen fünfzehn Jahren viel die Rede gewesen, von der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes weniger. Die Bitte des Bundestages an die Regierung, doch einmal den Nutzen des Waldes für Mensch und Tier und die Situation der Forstwirtschaft zu beleuchten, war deshalb nur vernünftig. Wer weiß schließlich schon, daß der Wald heute mehr Fläche bedeckt als 1960, daß die Bäume heute im Schnitt deutlich älter sind als damals und daß durch jeden Hektar Wald im Jahresschnitt tausend Erholungsuchende streifen.
Der gestern von der Regierung dafür vorgelegte Bericht enthält keine neuen Zahlen über die Gesundheit von Kiefern und Fichten, Buchen und Eichen. Doch das ist nicht zu kritisieren. Schließlich ging es den Parlamentariern um die Frage eines Zukunftskonzeptes und nicht um Zahlenhuberei.
Genau deswegen bleibt aber beim Blick auf den ersten sogenannten Waldbericht ein schaler Geschmack. Viel Zukunft ist nämlich nicht. Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärt zwar vollmundig, der Bericht solle „dazu beitragen, der Forstpolitik stärkeres Gewicht in der politischen Diskussion zu verleihen“. Aber eben dies tut er nicht. Der Report spitzt die Frage nach der Zukunft des deutschen Waldes eben nicht zu. Das Landwirtschaftsministerium hat nicht den Versuch gemacht, gemeinsam mit Waldbesitzern, Umweltverbänden und Parlamentariern eine Debatte loszutreten. Vielmehr sorgte der Report gestern für eine politische Sendepause. „Wir kennen den Bericht noch nicht, müssen ihn selbst heute abholen und lesen“, hieß es allenthalben.
Dabei ließe sich beim Streit um die Zukunft des Waldes die Debatte um die Zukunft der Industriegesellschaft ganz hervorragend mit neuem Leben füllen. Der Wald ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen, er ist Erholungsraum für den Menschen und Lieferant nachwachsender Rohstoffe. Diese drei konkurrierenden Nutzungen müssen für die Zukunft in ein neues Gleichgewicht gebracht werden.
Umweltverbände und Waldexperten schlagen seit Jahren als Königsweg eine ökologische Waldwirtschaft mit entsprechender Kennzeichnung der Produkte vor. Auch die Kommunen, immerhin Besitzer von 25 Prozent der deutschen Wälder, denken inzwischen in diese Richtung. Nur so, scheint ihnen, ist mit dem Wald wieder Geld zu verdienen. Doch der Bundesregierung ist diese Debatte zu heikel. So gesehen ein überflüssiger Bericht. Schade um die Bäume. Hermann-Josef Tenhagen
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