Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern: Der West-Ossi
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist äußerst populär. Weil sein heiterer, jovialer Stil zum Bundesland passt.
BERLIN taz | Die Wahllokale zwischen Waren und Rostock schließen am Sonntagabend zwar erst um 18 Uhr, doch dass die SPD Regierungspartei und Erwin Sellering Ministerpräsident bleibt, ist so gut wie sicher. Jenseits der Landesgrenzen ist er nahezu unbekannt, doch in Mecklenburg-Vorpommern wollen ihn fast 70 Prozent als Ministerpräsidenten.
Dabei ist der 61-jährige Sellering, der jünger wirkt, erst 1994 aus dem Ruhrgebiet nach Mecklenburg-Vorpommern umgesiedelt. Damals trat er auch in die SPD ein. Seine Popularität ist in dem Fremden gegenüber etwas reservierten Nordosten keine Selbstverständlichkeit.
Doch Sellering pflegt einen heiteren, jovialen, verbindlichen Stil, der zu der konsensorientierten Landespolitik im Nordosten passt. Dass er in unverkennbar westfälischem Idiom spricht, wirkt dort offenbar weniger befremdlich als das mitunter undeutliche Sächseln seines CDU-Konkurrenten Lorenz Caffier.
Sellering ist Jurist. Sein Aufstieg in der SPD verlief so kontinuierlich wie unspektakulär: erst Mitglied im Landesvorstand, dann Abteilungsleiter in der Schweriner Staatskanzlei, im Jahr 2000 Justiz-, 2006 dann Sozialminister. Weil Landwirtschaftsminister Till Backhaus in Ungnade fiel, wurde Sellering 2008 zu Harald Ringstorffs Nachfolger erkoren - für die SPD eine kluge Wahl.
Sellering zählt zu keinem Parteiflügel. Vor allem versteht er es geschickt, sich unideologisch zu inszenieren und gleichzeitig deutlich Positionen zu markieren. So lobt er gern die Aufbauleistung der DDR-Bürger und verwahrt sich dagegen, die DDR in toto Unrechtsstaat zu nennen. Das brachte ihm in Hauptstadtmedien den spöttischen Titel "Ossi-Versteher" ein.
In Schwerin regiert Sellering sehr friedlich mit der CDU. Mit deren Chef Caffier unternahm er kürzlich samt Ehefrauen eine harmonische Bootsfahrt. "Versöhnen statt spalten" könnte sein Motto lauten. Es spricht viel dafür, dass in Schwerin mit Erwin Sellering alles bleibt, wie es ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen