Landesgesetz für Abtreibungen: Bremen will Versorgung sichern
Mit einem Gesetz soll es möglich sein, Ärzt:innen finanziell zu unterstützen. Auch sogenannte „Gehsteigbelästigungen“ soll es verhindern.
Mit Ärztemangel kämpft auch das medizinische Zentrum der Bremer Pro Familia. Deshalb musste es zuletzt in Urlaubs- und Krankheitsphasen immer wieder die Einrichtung ganz schließen oder die Öffnungszeiten einschränken. Nicht nur Bremer:innen bekamen dann keine Termine für eine Abtreibung, denn die Hälfte der Schwangeren kommt aus Niedersachsen.
Den Ärztemangel kann das neue Gesetz, das noch vor der Wahl im Mai von der rot-grün-roten Kolition beschlossen werden soll, nicht beheben. Aber es soll dem Staat ermöglichen, Ärzt:innen und Einrichtungen finanziell zu unterstützen. Es gebe Ärzt:innen, denen die Investitionskosten für OP-Räume oder die Miete eines Ruhezimmers beim medikamentösen Abbruch zu hoch seien, sagte am Donnerstag Maja Tegeler, frauenpolitische Sprecherin der Linken, die den Gesetzentwurf gemeinsam mit dem Fraktionsvorsitzenden Nelson Janßen vorstellte. Zudem seien die Zuzahlungen für Frauen, die den Abbruch nicht selbst bezahlen können, zu gering, um die Kosten decken zu können.
Ohne ein solches Landesgesetz ist dem Staat bisher die finanzielle Unterstützung nicht möglich. Denn Schwangerschaftsabbrüche gelten nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs als Tötungsdelikte, die nicht gefördert werden dürfen und auch keine Kassenleistung sind. Hat sich die schwangere Person beraten lassen und eine dreitägige Bedenkfrist eingehalten, so wird die Tat bis zur 12. Woche nach Empfängnis nicht strafrechtlich erfolgt.
Behörde hofft auf Rechtssicherheit
Die Bremer Gesundheitsbehörde verspricht sich vom Gesetz vor allem Rechtssicherheit, wie ein Sprecher der taz sagte. Dabei springt Bremen in eine Lücke, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil 1993 geschaffen hatte, als es eine „grundsätzliche Austragungspflicht“ für die Schwangere erkannte und den Gesetzgeber verpflichtete, ein Konzept für den Schutz des „ungeborenen Lebens“ vorzulegen.
Die Bundesländer sollten ein „ausreichendes“ Angebot der medizinisches Versorgung sicherstellen, urteilte das Gericht, ohne dies weiter zu definieren. Der einzige Anhaltspunkt, den es damals lieferte: Die Frau soll An- und Abreise innerhalb eines Tages mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen können.
Nun legt auch das Bremer Gesetz nicht fest, wie weit die Entfernungen zur nächsten Praxis sein dürfen, sondern sagt nur, das Angebot müsse „bedarfsgerecht“ sein. Zudem müssten alle Methoden angeboten werden. Derzeit können Frauen nur selten zwischen verschiedenen Methoden – operativ oder medikamentös – und Narkosen wählen.
Beim medizinischen Zentrum von Pro Familia ist dies der Fall. Deren Geschäftsführerin Lea Pawlik, die bei der Vorstellung des Entwurfs dabei war, sagte: „Mit diesem Gesetz können wir für die nächsten Jahre Abhilfe schaffen.“ Und: „Es ist eine deutliche Verbesserung für die Frauen.“
Proteste vor Praxen sollen verboten werden
Das betrifft auch den zweiten Teil des geplanten Gesetzes, der auf Wunsch der Grünen hineingeschrieben wurde. Dabei geht es um die sogenannten „Gehsteigbelästigungen“, wenn christliche Fundamentalist:innen vor Beratungsstellen oder Praxen gegen Schwangerschaftsabbrüche demonstrieren. „Bisher ist das kein großes Problem in Bremen“, sagte Nelson Janßen von der Fraktion der Linken, „aber wir wollen nicht in eine Situation hineinlaufen, sondern sie im Vorfeld verhindern“.
Auch in Baden-Württemberg und Hessen – wo Abtreibungsgegner:innen regelmäßig vor Praxen demonstrieren und „Mahnwachen“ halten – hatte es solche Verbotsversuche gegeben. Dort waren diese vor den Verwaltungsgerichtshöfen gescheitert, weil es nicht mit dem Versammlungsrecht zu vereinbaren sei.
Allerdings hatte es sich in beiden Ländern nur um Verwaltungsvorschriften, nicht um Gesetze gehandelt. In Bremen soll zukünftig vor Praxen und Beratungsstellen verboten sein, „in Sicht- oder Rufweite die Schwangere durch gezieltes Ansprechen oder sonstige Ausübung von Zwang oder Druck zu beeinflussen oder sie am Zugang zu hindern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!