■ Länderfusion vor dem Fall: Kalkulierter Eklat
Es gibt wenig zu deuteln: Nach der Abfuhr aus Bonn ist der ausgehandelte Fusionsvertrag sein Papier nicht wert. Wenn die Finanzen nicht stimmen, ist der Plan tot – und Hoffnungen der SPD, der Bundestag werde es noch richten, sind Wunschdenken. Von umfassender Enttäuschung kann dennoch nicht die Rede sein. Bei manchen Akteuren, wie dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Landowsky, ist vielmehr die Erleichterung kaum zu überhören. Teile der Westberliner CDU – dazu gehört nicht der Regierende Bürgermeister Diepgen – ängstigt nämlich die Vision, im „Roten Meer“ unterzugehen, nachdem die Christdemokraten in Ostberlin und Brandenburg bei den Kommunalwahlen teilweise zur Splitterpartei geschrumpft sind. Bundeskanzler Kohl mag deshalb auf dem CDU- Landesparteitag am vergangenen Wochenende durchaus die richtigen Signale empfangen haben. Auch die Profiteure des Gestern, die miefige Mischung der Westberliner Bürokraten, die in vierzig Nachkriegsjahren gestählten wahren Entdecker der Langsamkeit, wittern jetzt wieder Morgenluft. Allein wegen der antibürokratischen Dynamik, die der notwendige Abbau des Verwaltungs-Wasserkopfs bedeutet, ist die Länderfusion zu befürworten. Eine Vereinigung wäre zudem ein Impuls für das festgefahrene föderative System und bedeutete das Ende der Wende durch einen wirklichen Neubeginn für alle Beteiligten. Außer mit dem Wunsch, die Fusion zu verhindern, ist der Beschluß deshalb kaum zu verstehen. Schließlich ging es nicht um mehr Geld, sondern nur um eine befristete Übergangsregelung, bis Berlin sich selber finanzieren kann. Platzt die Fusion, kommt das letztlich teurer, weil Berlin das Stadtstaatenprivileg behält. Die Bundesländer haben das begriffen und zugestimmt. Doch um Rationalität geht es nicht. Gerd Nowakowski
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