■ Lady Di und Prinz Charles – Schlagzeilen ohne Ende: Wer macht sich beliebter?
Dublin (taz) – Wer hat behauptet, daß das englische Königshaus die Boulevardpresse scheue? Ganz im Gegenteil: Thronfolger Charles und seine von ihm getrennt lebende Frau Diana benutzen die Groschenblätter, um sich gegenseitig mit Verleumdungskampagnen zu überziehen. Die Zeitungen spielen dankbar mit, wie sich in der vergangenen Woche zeigte: Es verging kein Tag ohne eine neue Schlagzeile über das ehemalige Traumpaar.
Zunächst war der henkelohrige Prinz dran. Berichte über sein Einkommen, das in den letzten 20 Jahren um tausend Prozent gestiegen ist, gefährdeten ernsthaft seine Image-Aufbesserungskampagne, die er gerade erst mit dem öffentlichen Verzicht auf seine Freundin Camilla Parker-Bowles eingeleitet hatte. Ursprünglich wollte er als deren Tampon wiedergeboren werden, wie er ihr zum Entsetzen der mithörenden Nation telefonisch gestanden hatte. Nachdem die Daily Mail dann auch noch ausplauderte, daß seine Berater ein geniales, aber ethisch äußerst fragwürdiges System zur legalen Steuerhinterziehung ersonnen hatten, geriet er in punkto Popularität gegenüber Diana schwer ins Hintertreffen.
Doch wozu hat man Werbestrategen im Freundeskreis? Die steckten der Presse, daß Diana im vergangenen Jahr 161.000 Pfund für Kleidung und Schönheitspflege ausgegeben habe – das sind über 400.000 Mark, darunter 20.000 Mark für „alternative Mittel“, wie die Boulevardblätter hämisch berichteten. Raucht die Prinzessin etwa Dope? Jedenfalls war ihr karitatives Image vorübergehend angeschlagen. Eine Zeitung bezeichnete sie gar als „doppelzüngig“.
Offensichtlich hatte Diana jedoch die Rufmordkampagne seitens ihres Gatten vorausgeahnt und einen Trumpf im Ärmel behalten. „Diana rettet Ertrinkenden aus einem See“, titelten die Zeitungen am Mittwoch, obwohl das Ereignis schon fünf Tage zurücklag. Nun war die Lady nicht etwa in den See gesprungen, um den obdachlosen Alkoholiker Martin O'Donoghue an Land zu ziehen, sondern das hatte sie einem 29jährigen finnischen Studenten überlassen. Aber Diana hielt derweilen den Mantel des Studenten. Außerdem rief ihr Chauffeur per Autotelefon einen Krankenwagen. Schon lag sie in der Volksgunst wieder vorne. Vom Besuch ihres Mannes in Petersburg nahm kaum noch jemand Notiz, obwohl gleich zum Auftakt zwei winzige Bömbchen in der Innenstadt explodiert waren. War das womöglich auch eine PR- Aktion?
Noch nie war es für die Boulevardpresse so einfach, an königlichen Klatsch heranzukommen – und noch dazu aus zuverlässiger Quelle. Diana hatte der Daily Mail im Februar sogar ein Interview gewährt – allerdings inkognito: Die Zeitung mußte behaupten, sie habe die Informationen von „einer Freundin der Prinzessin“. Max Clifford, der berüchtigte PR-Stratege, der sich auf die Vermarktung von Skandalen im Buckingham- Palast und Westminster-Parlament spezialisiert hat, bemerkte anerkennend, daß auch Charles endlich den Wert von Public Relations erkannt habe und versuche, Dianas Popularität ein paar Dellen zuzufügen. „Aber seine Strategie ist völlig falsch“, klagt Clifford. „Dabei steht sehr viel auf dem Spiel: Es geht um die Zukunft der Monarchie.“ Clifford rät dem Thronfolger zu ein bißchen Demut: „Er sollte in einem Fernsehinterview gestehen, daß er Fehler gemacht habe und das Scheitern der Ehe seine Schuld sei. Die britische Öffentlichkeit fliegt geradezu auf ein wenig Bescheidenheit.“ Vielleicht könnte er ja auch ein paar Steuern zahlen. Das kommt bei der Öffentlichkeit auch immer gut an. Ralf Sotscheck
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