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Archiv-Artikel

LUTZ VAN DIJK, JUGEND-POET Mit schmutzigen Händen

Lutz van Dijk, 54

■ Sonderschullehrer, Autor, Friedensarbeiter, Dozent und Gründer einer HilfsorganisationF.: Uni Oldenburg

Lutz van Dijk erobert die Herzen schneller, als man sich wundern kann. Mit Charme und Ehrlichkeit schafft er es, dass ein junger Muslim nach dem obligatorischen Dichter-Schulbesuch zu dem schwulen Autor geht, ihm sein Gebetsarmband in die Hand drückt und sagt: „Gott schützte Sie. Sie können seine Hilfe bestimmt mal gebrauchen.“

Leben und Literatur sind für den 1955 geborenen und in Südafrika und Amsterdam lebenden Jugendbuchautor kaum zu trennen. Diese Authentizität gab für die Uni Oldenburg den Ausschlag, ihm die Poetik-Gastprofessur für Kinder- und Jugendliteratur anzutragen, nach den Dinosauriern des Genres Paul Maar, Mirjam Pressler, Kirsten Boie und Jutta Richter. Drei Vorlesungen hält er in Oldenburg – und nutzt seine Kurzvisiten, um auch mit Hauptschülern zu diskutieren.

Als Lutz van Dijk im Anne-Frank-Haus in Amsterdam arbeitete, schrieb er über Jugendliche im Nationalsozialismus: Über die Jüdin Cilly Levitus-Peiser, die sich vor den Menschenjägern versteckte. Über Herschel Grynszpan, dessen Attentat den Vorwand für die Reichspogromnacht lieferte, und über den Polen Stefan K., der sich in einen Wehrmachtssoldaten verliebte.

Heute leitet Lutz van Dijk mit einer Südafrikanerin die Stiftung Hokisa, die sich für Aids-Waisen und HIV-infizierte Kinder einsetzt, und seine Bücher rücken Afrika in den Mittelpunkt. „Afrikanische Jugendliche können erst seit den neunziger Jahren etwas über ihr Leben in der Literatur finden“, sagt er.

Van Dijk will sie mit seiner „Geschichte Afrikas“ selbst zu Wort kommen und ihre eigene Identität finden lassen: Jenseits von eurozentrischer Bevormundung, eingeredeten Minderwertigkeitskomplexen und einengenden Traditionen ihrer Herkunftskultur. In einigen afrikanischen Staaten ist er damit zur persona non grata geworden, in anderen sind seine Bücher Schullektüre. Als Literat, sagt Lutz van Dijk, ist er sich nicht zu schade für die Wirklichkeit: „Ich mache mir gerne die Hände schmutzig.“ ANNEDORE BEELTE

Poetik-Vorlesungen am 20. und 27. Mai, 18 Uhr, Bibliothekssaal der Uni Oldenburg