LESERINNENBRIEFE :
Schmähung aller Leidenden
■ betr.: „Wie weit gehen Sie für Ihre Gesundheit?“, taz vom 18. 4. 15
Es war gut, sehr gut, dass die beiden Gesundheitsartikel im Gesellschaftsteil, einmal über die Entwicklung und Ausbreitung einer Gesundheits-App und zum Zweiten der einfühlsame Bericht von Maya Fehling („Fallend träumen“) über ihre Arbeit als Ärztin in der Obdachlosenbetreuung, kurz hintereinander gesetzt waren. Das zeigte die ganze Spannbreite von Menschen, die ihre Gesundheit optimieren wollen und sollen bis zu den Menschen in unserer Gesellschaft, denen es nur ums Überleben geht. Den hoffentlich noch meisten Menschen geht es wohl jedoch ums Leben. Und Leben darf nicht nur „gesundes Leben“ sein; das wäre eine Schmähung aller Leidenden. Gott gebe uns, dass die Optimierer nicht die Oberhand gewinnen. Und wenn es keinen Gott gibt, sollten wir alles dafür tun, ihnen keine Gelegenheiten dafür zu bieten. ANDREA SACHER, Unna
Woher kamen die Manager?
■ betr.: „Der Abbau der Schulden hat Zeit“, taz vom 14. 4. 15
Ach ja, beim Flughafen BER hat die öffentliche Hand ein schlechtes Geschäft gemacht, weil sie das Wissen und die Fähigkeiten der privaten Wirtschaft zu wenig nutzte? Will uns Marcel Fratzscher für dumm verkaufen? Woher kamen denn die ganzen Manager, die den Bau in den Sumpf geritten haben und die einer nach dem anderen gehen mussten, ohne ihren Job gemacht zu haben? Und die die organisierte Verantwortungslosigkeit mit Sub-Sub-Sub-Unternehmern verwaltet haben? Genau, aus der privaten Wirtschaft. Sumpf, Unfähigkeit, Korruption hat sich die öffentliche Hand mit diesen Leuten eingehandelt. Herr Fratzscher stellt die Tatsachen auf den Kopf. Was, der Mann ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und schreibt so ein dummes Zeug? Absetzen, aber sofort! MEINHARD SCHRÖDER, Berlin
Fahrrad auf die Fahrbahn
■ betr.: „Redet übers Rad“, taz vom 16. 4. 15
Vielen Dank für diesen notwendigen Aufruf. In einer Hinsicht muss ich Ihnen jedoch widersprechen: das Fahrrad gehört auf die Fahrbahn. Der Versuch, Fahrrad- und Autoverkehr zu trennen, ist zum Scheitern verurteilt und führt an den unvermeidlichen Kreuzungspunkten von Rad- und Kraftverkehr nachweislich zu deutlich höherem Gefährdungspotenzial.
Abgesehen davon legen Kommunen bei der Erstellung von Radwegeführungen zum Teil eine „Kreativität“ an den Tag, die haarsträubend ist und regelmäßig geltendem Recht widerspricht. Kein Autofahrer würde zum Beispiel akzeptieren, an Kreuzungen oder Kreisverkehren mehrfach durch Schikanen geführt zu werden und ebenso gezwungen zu sein, mehrfach per Knopfdruck um grünes Licht zu betteln. Solche „Lösungen“ sind oft nur zu offensichtlich von der Motivation geleitet, die Fahrbahn frei von Fahrrädern zu halten, und darin liegt auch genau das Problem: mangelnde Wahrnehmung für Radelnde als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer.
RALF SCHLÜTER, Aachen
Es besteht Hoffnung
■ betr.: „Die Maschinen entscheiden für uns“, taz vom 16. 4. 15
Vor dem Algorithmus sind alle Menschen gleich: Falls tatsächlich Algorithmen die Herrschaft übernehmen sollten, besteht Hoffnung. Wie von Frau Tufekci beschrieben, sind die Algorithmen bereits heute zu komplex, als dass sie noch jemand verstehen kann. Damit dürften sie auch schwer zu manipulieren sein. Eventuell macht es für die Algorithmen dann keinen Unterschied, ob man zu dem einen Prozent gehört oder in Syrien lebt. Und das wär doch was …
RAINER ASSMANN, Filderstadt
Der Mensch soll bestimmen
■ betr.: „Die Maschinen entscheiden für uns“, taz vom 16. 4. 15
Mit der „Ungewissheit der Fern- und Spätwirkungen unseres Handelns“ hat sich bereits der Philosoph Hans Jonas in seiner Ethik befasst. Teilweise wurden wohl auch ethische Grundlagen in das Curriculum der Informatik an den Universitäten aufgenommen.
Jedoch inzwischen drohen die Algorithmen ein gewisses Eigenleben zu entwickeln, das immer mehr in das Leben des Einzelnen eingreifen kann. Solchen Automatismen sollte ein Riegel vorgeschoben werden, so dass letztlich immer ein Mensch bestimmen muss, bevor die Maschine wichtige Entscheidungen umsetzt. Ob das nun bei der Vergabe von Krediten ist oder bei der Frage der Beförderung von MitarbeiterInnen. Zwar sind Computer in der Lage, gewaltige Datenmengen in kürzester Zeit zu analysieren, aber etwaige Unstimmigkeiten und Unregelmäßigkeiten der Analysen können Menschen besser erkennen. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel
Ewiger Juniorpartner SPD
■ betr.: „Vorratsdatenspeicherung“, taz vom 16. 4. 15
Die Vorratsdatenspeicherung braucht kein Mensch. Terroranschläge passieren leider auch ohne diese Totalüberwachung. Als ewiger Juniorpartner der CDU erfüllen die Sozialdemokraten nur die Wünsche der CDU. Braucht sich also niemand in der SPD-Parteizentrale wundern, wenn sie bei den Wählern als 25-Prozent-Splitterpartei gehandelt und gewählt wird. ALBERT ALTEN, Wernigerode