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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Ich habe eine Ahnung von Freiheit“, taz vom 11./12. 7. 09

Ich habe mich wieder sehr geärgert

Liebe taz, nachdem ich mich heute mal wieder sehr geärgert habe, muss ich das einfach mal los werden. Ich kann ja verstehen, dass Ihre scheidende Chefredakteurin Bascha Mika meint, es wäre für die taz der Tod, sich in die „linksalternative Nische“ zurückzuziehen. Aber warum diese überzogene Haltung gegenüber der Linkspartei? Kritik ist gut und von den vielen taz-LeserInnen, die auch die Linkspartei wählen, bestimmt gewollt, aber ein bloßes Lächerlichmachen und jedem linken Wähler fast ein schlechtes Gewissen einzureden, dass man diese Partei überhaupt wählt, ist langsam unerträglich. Warum Oskar Lafontaine zum wiederholten Male herablassend als rachsüchtigen Egomanen darstellen, dem es um alles andere aber nicht um eine gerechtere Politik geht? Und die Linkspartei immer wieder als Chaotenhaufen, der sowieso keine realistischen Positionen bezieht? Also, ich hoffe sehr, dass ihr von diesem unprofessionellen „Dissen“ Abstand nehmt. Ich bin offen für kritische Artikel über die Linkspartei, trotzdem bleibt sie für mich die einzige noch wählbare Alternative, dafür möchte ich mich von euch nicht immer so belächelt fühlen! Danke! H. A.

■ betr.: „Papst geißelt Kapitalismus“ vom 8. 7. 2009

Papst ist unglaubwürdig

Die Kritik des Pontifex am ungezügelten Kapitalismus ist zwar richtig, aber der Aufruf zur „Kultur der Mäßigung“ wirkt nicht sehr überzeugend, wenn die Kritik von einem Papst ausgeht, der selbst keinen Konsumverzicht kennt. Mit seinen „Auftritten in eitlen, kostspielig nachfabrizierten liturgischen Gewändern im Stil Leos X. Medici“ (Küng) und seinen weltweiten Reisen, ohne auf die Ressourcen dieser Welt Rücksicht zu nehmen, und seinem Insistieren auf der unglückseligen Enzyklika „Humanae vitae“ gegen jegliche Art von Empfängnisverhütung hat sich der Papst als „Moralinstanz“ in jeder Hinsicht unglaubwürdig gemacht.

Wenn der Pontifex fordert, dass nicht nur Unternehmer und Politiker umdenken, sondern auch jeder Einzelne Verantwortung für sein Handeln übernehmen müsse, so sollten er und seine Mitbrüder – die evangelischen und orthodoxen eingeschlossen – vor der eigenen Haustüre kehren und als Erstes die Einheit der Kirchen aus Sparsamkeitsgründen im Interesse der Armen dieser Welt wieder herstellen.

VOLKMAR MARSCHALL, Frankfurt am Main

■ betr.: „Klinsmann muss taz-Titel hinnehmen“, taz vom 11. 7. 09

Gratulation zu Klinsis Scheitern

ich gratuliere ihnen und uns allen (!!) ganz herzlich, dass klinsi mit seiner klage gegen ihre hervorragende fotomontage keinen erfolg hatte. wäre ja noch schöner, wenn auch noch satire verboten würde. weiter so, weiter tolle fotomontagen. diese hat den nagel ja damals perfekt auf den kopf getroffen. DANIELA MELCHER, Bochum

■ betr.: „Pro und contra Piratenpartei“, taz vom 11./12. 7. 09

Zu viele Parteien schaden

Sicher ist es ein Zeichen lebendiger Demokratie, wenn verkrustete Strukturen immer wieder auch durch neue Parteien aufgemischt werden. Grüne, Linke sowie auf lokaler Ebene Wählergemeinschaften sind da anscheinend gelungene Beispiele. Viele andere Beispiele, bei uns und in Nachbarländern, schrecken aber eher ab. Ein Blick in Geschichte und Gegenwart zeigt jedenfalls, dass zu viele Parteien dem Ansehen der Demokratie eher schaden. Entweder kommt keine handlungsfähige Regierung zustande (Belgien), oder es setzt sich ein „starker Mann“ durch (De Gaulle, Berlusconi). Wer aus verständlichem Frust über die etablierten Parteien eine neue gründen will, sollte sich also ernsthaft fragen, ob er damit wirklich seinem Anliegen und auch der Demokratie einen Gefallen tut.

Wie viele andere Kleine treten auch die Piraten als „Ein-Punkt-Partei“ auf. Ehe man sie ins Parlament wählt, möchte man doch gern wissen, wie sie tendenziell in anderen wesentlichen Politikfeldern abstimmen möchten. Für ihr Kernanliegen würden sie jedenfalls sehr viel mehr erreichen, wenn sie sich als zivilgesellschaftliche Bewegung organisieren und profilieren würden. WOLFGANG WIEMERS, Münster

■ betr.: „Die gespaltene Gesellschaft“, taz vom 14. 7. 09

Die Armen zählen nicht

Die plutokratischen Verhältnisse an der Spitze unserer Gesellschaft (Leistungseliten und Kapitaleigner) wird auch eine neue Armutsdiskussion nicht beseitigen können. Denn die Armen zählen nicht im gesellschaftlichen Diskurs. Da diese ohnehin nur in den seltensten Fällen ausreichenden Zugang zu den Meinungsmedien wie überregionalen Zeitungen und Internet haben, ist von der politischen Klasse still und klammheimlich beschlossen worden, die Armen trotz deren massiver Ausgrenzung gesellschaftlich nicht weiter zu berücksichtigen. MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln