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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

System der Apartheid

■ betr.: „Auszeichnung für Antisemitismus“, taz vom 31. 12. 12

Hannah Arendt sprach vom militaristischen Charakter Israels und sah darin eine Quelle wachsenden Hasses in der Region. Jimmy Carter bezeichnete die Lebensverhältnisse in Palästina als System der Apartheid, in dem die totale Dominanz der Israelis die palästinensische Bevölkerung ihrer grundlegenden Menschenrechte beraube. Noam Chomsky hat einmal gesagt, der Gazastreifen sei gegenwärtig das größte Gefängnis weltweit. Alfred Grosser will nicht hinnehmen, dass kritische Betrachtungen der Politik Israels unterdrückt werden und verweist auf David Ben-Gurion, der erklärt habe, Israel sei kein Judenstaat, sondern ein Staat, der allen Juden offensteht.

Günter Grass behauptet, die israelische Politik provoziere und trage zur Beschleunigung der Eskalation bei. Moshe Zuckermann warnt seine Landsleute davor, sich als ewiges Opfer zu betrachten und das Andenken der Shoah als Instrument eines Denkverbots zu missbrauchen. Man könnte diese Liste bedeutender Persönlichkeiten, denen immer mal wieder Antisemitismus vorgeworfen wurde, spielend erweitern. Jakob Augstein befindet sich somit in hervorragender Gesellschaft. Er gehört zu denen, die sich von einer weitverbreiteten Schmähpraxis nicht einschüchtern lassen, und verdient gerade deshalb den Respekt kritischer Zeitgenossen.

GERD BECKER, Lüdinghausen

Was ist Antisemitismus?

■ betr.: „Auszeichnung für Antisemitismus“, taz vom 31. 12. 12

Was ist Antisemitismus? Zum Beispiel, wenn Jakob Augstein Israel als Besatzungsmacht bezeichnet? Ich besuchte vor drei Monaten mit taz-Reisen das besetzte Westjordanland und ich kann jeder/jedem nur raten, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen: Dort herrscht das israelische Militärrecht unter Missachtung der Vierten Genfer Konvention. Warum sollte Jakob Augstein antisemitisch sein, wenn er Israel als Besatzungsmacht bezeichnet?

Simon Wiesenthal war ein ehrbarer Jäger von Nazitätern. Aber das Simon Wiesenthal Center, das seinen Namen für sich in Anspruch nimmt, handelt demagogisch, wenn es antisemitische und antiisraelische Äußerungen in einen Topf wirft. Cigdem Aykol zitiert dazu Henryk M. Broder, den selbst ernannten Antisemitismuswächter, der mit seiner pharisäischen „Achse des Guten“ inquisitorisch als Sanctum Officium der Antisemitismusbeschimpfungen agiert.

Liebe Leute, lasst uns endlich konkret über Israels menschenrechtswidrige Besatzungs- und Siedlungspolitik reden, statt über einen Antisemitismusbegriff zu diskutieren, der von den wirklichen Verhältnissen in den besetzten Gebieten ablenkt. Sind 138 Staaten, die sich in der UN-Vollversammlung für eine Anerkennung Palästinas als Staat ausgesprochen haben, allesamt antisemitisch?

MARTIN BREIDERT, Bad Honnef

Bewaffnet Kinder, Frauen, Greise

■ betr.: „Jeder Tag, an dem du schießt, ist ein guter Tag“, taz vom 28. 12. 12

Nachdem mir vor ein paar Jahren ein sehr netter und vernünftig erscheinender texanischer Kollege in Houston ernsthaft versichert hat, dass er sofort schießen würde, wenn er jemanden an seinem Pick-up erwische, war mir klar, dass mit diesem Volk nicht zu spaßen ist, wenn sie den Wert eines spritschluckenden Monsters über ein Menschenleben stellen! Gebt ihnen doch so viel Waffen an die Hand wie nur möglich, dann sollen sie sich alle über den Haufen schießen und Ruhe ist! Bewaffnet die Kinder, Frauen und Greise, auf dass sie auf alles schießen können, was sich verdächtig bewegt: Lehrer, Postboten und Pfleger zum Beispiel! Auch ich habe mal einen Selbstverteidigungskurs mitgemacht, damit ich mich wehren kann, auf die Idee, dass es mit Schusswaffe besser funktionieren könnte, bin ich nicht gekommen. Wer in aller Welt braucht automatische Waffen, mit denen man Hunderte in den Tod schicken kann?

ANGELIKA BOSL, Baienfurt

Vorbei der nostalgische Charme

■ betr.: „taz intern. Ende bei Caro Druck“, taz vom 31. 12. 12

Liebe tazzler, es ist ein Jammer. Schwarz-Weiß hatte nostalgischen Charme und war ein stiller Protest gegen Mainstream, das Papier war dicker und griffiger, die Seitenanordnung mit Doppelseiten in einem Block kompakt und gut handhabbar, kurz: Die taz war für meinen Geschmack printtechnisch nahezu perfekt. Jetzt das neue Elend aus Gießen, schade! Ich werde versuchen, mich daran zu gewöhnen. Axel Steinke, Valdenz

Vorurteile gegen die Bayern

■ betr.: „Bayern böllern vor Silvester gegen die EU“, taz v. 28. 12. 12

Wieder so ein Vorurteilsartikel gegen die CSU und Bayern. Ist es für Berlinerinnen wirklich so schwer zu verstehen, dass CSU und Bayern zwei verschiedene Stiefel sind und der letzte bayrisch-preußische Krieg nun schon vor 150 Jahren zu Ende ging? Mit 48 Prozent CSU bei 58 Prozent Wahlbeteiligung haben gerade mal 72 Prozent der in Bayern Lebenden die CSU nicht gewählt. Glauben Sie wirklich, das wären alles Preußen? Und wenn, warum kommen die dann nach Bayern, wenn die Bayern doch so schlimm sind? Und warum einen Vorschlag gleich abbügeln, nur weil er von der CSU kommt? Frei nach Luther würde ich sagen, auch einem dummen Arsch entflieht mal ein kluger Furz. MATZ VIKTOR, Köln