LESERINNENBRIEFE :
Codewort für Verantwortungslosigkeit
■ betr.: „Die Grünen sind eine totalitäre Partei“, taz vom 7. 3. 13
Hasso Mansfeld (FDP) macht mit seiner Einstellung demokratische Politik unmöglich. Politikinhalte einfach als „absolute Wahrheit“ und in der Folge als „totalitär“ zu deklarieren, führt a) dazu, dass Parteien ihre Werte nicht mehr vertreten können, ohne sich diesem Vorwurf auszusetzen, beraubt sie damit ihrer urdemokratischen Aufgabe der Meinungsbildung und Politikumsetzung und ist also letztendlich ein Totschlagargument. Denn b) erklärt er damit ironischerweise seinen eigenen, liberalen „Inhalt der Inhaltslosigkeit“, er nennt es Freiheit, gleichzeitig zum einzig legitimen Standpunkt, mit anderen Worten, zur absoluten Wahrheit. Denn welchen Spielraum hat Parteipolitik noch, wenn alles, was gesetzlich und mit staatlicher Autorität durchgesetzt werden müsste, gleich Totalitarismus ist? Mansfeld bewegt sich damit auf einem komplett undemokratischen und unmoralischen Gebiet. Freiheit ist für ihn, wie für so viele „Liberale“, nicht viel mehr als ein Codewort für totale Verantwortungslosigkeit gegenüber seiner Umwelt. CLAUDIUS MAIER,
Villingen-Schwenningen
Ganz andere Unfreiheiten
■ betr.: „Die Grünen sind eine totalitäre Partei“, taz vom 7. 3. 13
Die politischen Freiheiten haben wir in unserem Grundgesetz weitgehend verankert. Es wäre jedoch fahrlässig, sich zurückzulehnen und sich so zu verhalten, als sei alles bestens. Das ist es nicht. Und das was gut ist, muss argwöhnisch bewacht und beschützt werden. Aber im Jahre 2013 sind ganz andere Un-Freiheiten festzustellen:
Der Durchschnittsbürger hat eben nicht die Freiheit, sich gegen Konzerne zur Wehr zu setzen. Er kann nicht gegen eine Kommunikationsgesellschaft ankommen, die den Telefonanschluss aus Schikane monatelang nicht herstellt. Er kann nicht die Lebensmittel wählen, die er für sich als richtig und unbedenklich einstuft. Er kann sich nicht zur Wehr setzen gegen Versicherungsgesellschaften, die glasklare Entschädigungen hinauszögern, um ihn mürbe zu machen. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen. Erst die ist eine wirklich liberale Partei, die sich dieser Unfreiheiten annimmt und sie nicht ignoriert wie schlechtes Wetter. LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach
Lächerliche Scheinargumente
■ betr.: „Stuttgart 21“, Streitgespräch Özdemir/Strobl, taz vom 4. 3. 13
In diesem verzweifelten, gebetsmühlenhaften Berufen auf die sogenannte Volksabstimmung als einzige Legitimation, einschließlich der strikten Verweigerungshaltung gegenüber neuen Erkenntnissen, wie zum Beispiel der schlichten Verdoppelung der Kosten, offenbart Thomas Strobl nur erneut die irrationale Lächerlichkeit seiner Scheinargumente.
Dabei wurde einzig über die – begrenzte – finanzielle Beteiligung des Landes abgestimmt. Augen zu und durch heißt die Befürworter-Devise, die CDU-Strobl exemplarisch verkörpert, auch dann, wenn Ramsauers Mannen („unterste Fachebene“) auf die Idee kommen, einmal nachzurechnen, und dann keinen plausiblen Grund für den Weiterbau erkennen können. Dass auch demokratisch zustande gekommene Entscheidungen falsch sein könnten, ist Strobl natürlich so fremd wie den Tropen die Mittsommernacht. Zur Erinnerung: Auch ein gewisser Gröfaz kam demokratisch legitimiert an die Macht – und, Herr Strobel, es war dennoch ein Fehler. KLAUS-ULRICH BLUMENSTOCK, Stuttgart
Ein perfekter „Schwabenstreich“
■ betr.: „Stuttgart 21“, Streitgespräch Özdemir/Strobl, taz vom 4. 3. 13
Thomas Strobl beruft sich im Gespräch ausdrücklich dreimal auf den Willen des Volkes. Top! Da bin ich seiner Meinung! Das Volk in Baden-Württemberg hat sich besonders auf der Grundlage des Kostendeckels gegen einen Ausstieg entschieden! Nachdem sich dieser Zug um Zug von 2,6 über 4,526 auf jetzt 6,526 Milliarden verschlechtert hatte, ist somit der Volksabstimmung die Grundlage entzogen, sie ist ungültig! Würden Sie von mir ein Haus kaufen, wenn ich nach Vertragsabschluss den Preis um 50 Prozent steigern würde?
Abgesehen davon, dass dieses Projekt den perfekten „Schwabenstreich“ darstellt, weil der jetzige Kostendeckel natürlich nicht reichen wird, Planfeststellungsverfahren nicht abgeschlossen sind, unerlaubter Gleisrückbau stattfindet, die Mischfinanzierung rechtlich bedenklich ist, die fehlende Gewinnabsicht für die Bahn nicht ersichtlich ist, riskante Grabungen etc. noch für weitere Skandale sorgen werden, die im Hintergrund agierenden Immobilienkonzerne mehr als nur ein Gschmäckle hinterlassen!
G. MACK-REISER, Burladingen