LESERINNENBRIEFE :
Neuer kalter Weltkrieg
■ betr.: „Im Vergleich zu uns war die Stasi sanft“, taz vom 18. 7. 13
Wenn uns unsere Kanzlerin in diesen Tagen geradezu beschwörend einzureden versucht, es sei „der kalte Krieg längst zu Ende“, so ist gerade dies grottenfalsch. Wir befinden uns schon seit Langem in einem neuen kalten Weltkrieg vor allem wirtschaftlicher Art, der leider auch die westliche Welt spaltet. Die Methoden dabei gehen offensichtlich über die von ehrbaren Kaufleuten weit hinaus. Anders ist es gar nicht zu verstehen, dass wir amerikanischen Geheimdienstkreisen als „Verbündete dritter Klasse“ oder gar als auszuspähende Feindnation gelten. Oder dass sich irische Banker über unsere großzügigen Rettungsschirme nass lachten. Oder dass die USA mehreren unserer letzten Verteidigungsminister eine millionenteure, aber untaugliche Drohne aufschwatzen konnten.
Nein, „ein Berliner“ ist jener Barack Obama nun weiß Gott nicht – könnte er sich doch mit seinen Leuten jede x-beliebige SMS-Turtelei jedes x-beliebigen deutschen Liebespaares zu Gemüte führen. Deshalb wird auch eine zukünftige aufgeklärtere Geschichtsschreibung selbstverständlich Edward Snowden und Julian Assange Heldenstatus zubilligen. ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt
Kumpanei
■ betr.: „Bahn frei für Schwarz-Grün!“, taz vom 18. 7. 13
Zwei bedenkenswerte Koalitionsmöglichkeiten nach der Bundestagswahl vom 15. September 2013: Hilde Mattheis von der SPD („Offenheit für Rot-Rot-Grün täte uns gut“, taz vom 18. Juli 13) blinzelt mutig Richtung Grün-Rot-Rot. Ein Graus für Steinbrück.
Anders und gefälliger ist Peter Grottians Gedankenroulett („Bahn frei“): Grün-Schwarz. Grün ist eine Farbe, Schwarz nicht (siehe Regenbogen). Jürgen Trittin ist Bilderberger seit 2012 und Angela Merkel seit Längerem (die Bilderberg-Konferenz ist ein internationales Treffen der Mächtigen; d. Red.) Das bedeutet Rückhalt aus einer verschworenen Kumpanei.
Peter Grottian liefert dazu eine reizvolle Kabinettsliste und die Opfer, die Angela Merkel liefern soll. Besonders charmant die Dreingabe, die Opferung von Stuttgart 21. Schon das wäre eine solche Koalition wert. Hinsichtlich der SPD ist die Vertrauensbasis der Schröderzeit wegen zerbröselt. Ob Hilde Mattheis da heilend wirken kann, steht dahin; zu gönnen wäre es ihr.
Intellektuell zu erfahren, wie diese oder die andere Koalition tickt, könnte reizvoll sein. Die Leitlinie muss das Grundgesetz sein. Abhören geht gar nicht, Frau Merkel! PETER FINCK, Ulm
Passende Pillen
■ betr.: „Land der getunten Athleten“, taz vom 17. 7. 13
In den vergangenen Jahren, ja, Jahrzehnten berichtet ihr regelmäßig zum Thema Doping. Meistens handelt es sich dabei um Sportler aus den Individualsportarten. Wie der Name schon sagt, steht bei diesen Sportarten das Individuum im Mittelpunkt und dadurch auch unter besonderem (Leistungs-)Druck. Gängige „Doping-Sportarten“ sind dabei der Radsport, das Schwimmen, die Leichtathletik. Doch was ist mit den Mannschaftssportarten? Unser Volkssport Fußball scheint dopingfrei zu sein, ebenso die Handballer und Eishockeyspieler. Dabei sind nicht wenige Bezirkskicker beim Match auf dem benachbarten Bolzplatz aufgeputscht, um der geforderten Leistung gerecht zu werden. Der koksende Trainer will seine Jungs rennen sehen. Selbst auf Hobbyniveau wissen sich die Teamkameraden passende Pillen für die nächste Trainingseinheit gegenseitig zu empfehlen. Nur der Sieg zählt!
Dopingkontrollen in Mannschaftssportarten müssen drastisch intensiviert werden! Denn auch dort ist das Spiel mit der Gesundheit Alltag. Die Fußball-Bundesligisten haben tolle Mannschaftsärzte, die wissen, wie sie die Kicker leistungsgerecht behandeln können. MICHAEL SENDER, Mainz
Grüne kein Garant für Naturschutz
■ betr.: „Freie Sicht für freie Bürger“, taz vom 16. 7. 13
Politisch unabhängige, engagierte (Stadt-)NaturschützerInnen haben heutzutage genauso viele Auseinandersetzungen mit PolitikerInnen der „grünen“ Partei wie mit PolitikerInnen anderer Parteien. UmweltschützerInnen werden von manchen Grünen-PolitikerInnen auch gern mal als „FundamentalistInnen“ bezeichnet, wenn sie vor Ort von regierenden Grünen konkretes umweltschutzpolitisches Handeln einfordern.
Erleben kann man das seit sechs Jahren immer wieder auch am Berliner Landwehrkanal (wo laut Info-Kasten zu dem genannten Artikel die taz-Redakteurin wohnt). Hier kämpfen seit 2007 AnwohnerInnen innerhalb und außerhalb des größten laufenden Konfliktschlichtungsverfahrens Deutschlands (Mediationsverfahren „Zukunft Landwehrkanal“, das im August 2013 endet) seit 2007 um den Erhalt der 4.700 Bäume und der Artenvielfalt. Kurz: Für eine ökologische Sanierung der Bundeswasserstraße Landwehrkanal im Sinne der rund 400.000 AnwohnerInnen.
Konflikte mit der von den Grünen dominierten Bezirksregierung und ihrer Verwaltung in der Grünen-Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg wegen unnötiger Baumfällungen und ignoranter Stadtentwicklungsmaßnahmen am Landwehrkanal „von oben“ kommen seit 2007 immer wieder ebenso zuverlässig vor wie mit den PolitikerInnen anderer Parteien und deren Verwaltungen auf Landes- und Bundesebene. Die BürgerInnenbeteiligung funktioniert leider erstaunlich oft nicht. Das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass bestehende kontraproduktive Strukturen von regierenden Grünen nicht von oben politisch verändert werden, sondern dass sich die Grünen-PolitikerInnen an die ihnen unterstehende Verwaltung anpassen und auf diese Weise nicht selten die Politik ihrer VorgängerInnen aus anderen Parteien einfach weiter führen. ANUSCHKA GUTTZEIT, Berlin