LESERINNENBRIEFE :
Kontrolle findet nicht statt
■ betr.: „Ist der Machtmissbrauch im Lehrerberuf angelegt?“,sonntaz vom 3. 4. 10
Frau Demmer von der GEW schreibt, dass etwa 5 % der Lehrkräfte in Deutschland ihren Schülerinnen und Schülern wiederholt psychische Verletzungen zufügen. Davon abgesehen, dass ich das ziemlich viel finde, könnte man ja sagen, dass es 5 % schwarze Schafe überall gibt. Das wirklich Schlimme ist aber, dass dieses Verhalten bei Lehrern in der Regel keine Konsequenzen hat. Wie Frauke Böger so richtig schreibt: „Macht findet dort ein Ende, wo sie kontrolliert und ihr Missbrauch sanktioniert wird“. Die Kontrolle findet nicht statt, Sanktionen gibt es kaum. Unterhalb eines strafrechtlich relevanten Niveaus können Lehrer im Namen der pädagogischen Freiheit über Jahre weitgehend „ihren eigenen Unterrichtsstil pflegen“.
Wohlgemerkt: 95 % der Lehrer sind damit ausdrücklich nicht gemeint, aber das System deckt die anderen 5 %. Ich habe irgendwo gelesen, dass das Ansehen eines Berufes in der Öffentlichkeit maßgeblich davon bestimmt wird, welche negativen Auswüchse noch toleriert und im Namen einer falsch verstandenen Solidarität gedeckt werden. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen (ich bin nämlich Lehrer), beschwert Euch nicht, wenn unser Beruf nicht zu den angesehensten gehört – wir sind selbst schuld: Fast alle mir bekannten Lehrer, auch die vielen richtig guten und engagierten, finden dieses System fehlender Kontrolle und nicht vorhandener Sanktionen völlig normal. Und das ist das Deprimierendste.
Noch einmal zurück zur Ausgangsfrage: Im deutschen Schulsystem ist dem Machtmissbrauch mindestens Tür und Tor geöffnet.
WALTER STROHSCHEIN, Ennepetal
Helfen ist nicht das Ziel
■ betr.: „Und jetzt, Herr Kriegsminister?“ u. a., taz vom 6. 4. 10
Drei deutsche Soldaten wurden erschossen, die deutsche Regierung zeigt sich zutiefst betroffen und bestürzt, gleich tags darauf werden sechs afghanische Soldaten von deutscher Seite erschossen und in den Medien sowie von der Regierung nur beiläufig erwähnt, als spiele dies eine untergeordnete Rolle. Überhaupt wird die Diskussion über den Rückzug der Soldaten in Afghanistan, aber leider auch anderswo, hauptsächlich mit dem lebensgefährlichen Einsatz „unserer“ Soldaten begründet. Die vielen toten Zivilisten, einheimischen Soldaten und Polizisten kommen in der Debatte so gut wie nie vor.
Gerade der Bombenangriff auf die zwei Tankwagen macht deutlich, dass in erster Linie das Leben der Deutschen höchste Priorität hat. Darunter leiden die Zivilisten, sie geraten genau zwischen die Fronten. Das Ziel des Krieges war nicht, der dortigen Bevölkerung zu helfen, sondern die Terroristen zu bekämpfen, erst später wurden die Ziele (Aufbauhilfe etc.) erweitert. BENEDIKT RÖHL, Wolfsburg
Grund zur Hoffnung
■ betr.: „Das letzte Refugium des Mannes?“, taz vom 7. 4. 10
Da die neurobiologische Forschung festgestellt hat, dass es im mentalen Bereich eine Evolution gibt, gibt der Artikel Grund zur Hoffnung, dass wir uns auf gutem Wege befinden. Die Frage ist, ob es nicht mittlerweile auf eine menschliche bzw. menschheitliche Entwicklung ankommt und nicht so sehr auf eine männliche. Menschheitlich zeigt sich, dass das alte Weltbild der Durchsetzung mit Gewalt nicht mehr angemessen ist, das alte Selbstbild des Kriegers und Gewaltanwenders in jeder Beziehung also obsolet ist. Diese Form des männlichen Selbstverständnisses, die ja erst zu Kriegen führt, muss endgültig hinterfragt werden. Die Schäden sind einfach zu groß.
MARIANNE KRUMMEL, Berlin