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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Reaktionen verdoppeln den Erfolg

■ betr.: „Darf der Priester Jesus lecken?“, taz zwei vom 9. 4. 10

Ich muss zugeben, ich habe den Text von Arno Frank ob seiner übertriebenen Aufgeregtheit zunächst für Satire gehalten. Doch er scheint es ernst zu meinen, hat aber leider außer „Das finde ich ganz, ganz schlimm“-Gejammer wenig zu bieten.

Ja, die Titanic legt hier den Finger in die offene Wunde, denn das ist ihre Aufgabe. Doch die Frage, was Satire darf, ist längst beantwortet; die interessante Diskussion wäre, warum Satire nicht verstanden wird. Warum trifft der katholische Volkszorn nicht die klerikalen Täter oder diejenigen, die sich sträuben, an den verkrusteten Institutionsstrukturen etwas zu ändern, sondern die Überbringer der schlechten Botschaft? Überhaupt stellt sich die Frage, warum diejenigen, die Vergebung predigen (bzw. erbeten), mit solchem Hass auf die Titanic reagieren. Die Beschwerden sind beim Presserat schließlich erst eingegangen, nachdem auf konservativ-katholischen Webseiten dazu aufgerufen wurde – mit Worten, die wieder mal zeigen, dass Fundamentalisten aller Religionen sich gegenseitig nicht viel nehmen. Das deutet nicht nur auf Humorlosigkeit hin, sondern auch darauf, dass Kritik an der katholischen Kirche wohl nicht erwünscht ist und am liebsten unter den Teppich gekehrt würde. So war die Titanic zum einen mit ihrem Titelbild, zum anderen aber auch mit den Reaktionen darauf gleich doppelt erfolgreich. Chapeau!

TIM ARETZ, Kessel-Lo, Belgien

Gefühle verletzt, Glaube gestärkt

■ betr.: „Darf der Priester Jesus lecken?“, taz zwei vom 9. 4. 10

Jeder Kleriker, der einem Kind sexuelle Gewalt antut, schändet gleichzeitig den gekreuzigten Nazarener. So hat sich mir das Titanic-Titelbild dargestellt. Ein Kind missbrauchen, das ist wie den Wehrlosen am Kreuz missbrauchen. In der Titanic ist schon viel Satirisches zu Mohammed und dem Islam gemacht worden. Und es wird sicher auch wieder gemacht, wenn es anliegt. Im Moment aber liegt etwas anderes an. Missbrauchsopfer, die sich nach Jahren des Schweigens melden, bezeichnen Sie als öffentlichkeitssüchtige Einzeltäter. Ihre Kirche des Vergebens wird den Missbrauchten schon den Missbrauch vergeben. Nehmen Sie es nicht so schwer, dass Ihre religiösen Gefühle verletzt wurden, das stärkt den Glauben.

BEATE SCHMIDT, Borchen

Richtig gelungene Satire

■ betr.: „Darf der Priester Jesus lecken?“, taz zwei vom 9. 4. 10

Boah, Arno Frank hat Humor! Und traut sich was! Schreibt – zugegeben: schwach und anfängerhaft – eine Satire à la „Verklemmter Spießbürger regt sich auf“ über eine wichtige und richtig gelungene Satire. Wenn er jetzt noch lernt, dass solche Wiederholungen wie „Schmutz, Schmutz, Schmutz“ nicht so dolle sind, kann er vielleicht in flauen Zeiten auch mal was auf der Wahrheit-Seite unterbringen. Wie gesagt: vielleicht. Und in sehr, sehr flauen Zeiten.

MICHAEL BRÜMMER, Laudenbach

Satire tut weniger weh

■ betr.: „Darf der Priester Jesus lecken?“, taz zwei vom 9. 4. 10

Formulierungen wie „gewissenlose Schmierfinken“ etwa oder „verlorene Seelen“, für die man beten solle, kann ich beim besten Willen nicht ernst nehmen. Ich hoffe, Herrn Frank traf das Los, diesen Beitrag schreiben zu müssen und ihn nicht schreiben zu wollen. Gerade taz-Redakteure sollten sich mit Satire doch auskennen und nicht andere für eine härtere Gangart der Kirche gegenüber angreifen. Jeder, der Kinder hat, ob nun katholisch, muslimisch oder jüdisch, sollte zuerst an die Kinder denken, die Opfer geworden sind, und nicht an die Institution, die das alles zugelassen hat. Die muss selbstverständlich genauso mit den Anfeindungen leben wie die Opfer mit der ihnen widerfahrenen Schande. Beides tut weh, der Kirche und den in ihren Gefühlen verletzten Gläubigen aber sicher sehr viel weniger.

TOBIAS SICHERT, Leipzig

Obszöne Gedanken

■ betr.: „Darf der Priester Jesus lecken?“, taz zwei vom 9. 4. 10

Der Titanic einen ganz herzlichen Glückwunsch und Dank für dies gelungene Titelbild! Obszön? Obszön sind hier nur die Gedanken des Betrachters, die es so gar nicht gäbe ohne die jüngsten Skandale. WOLFRAM GIESE, Neu Wulmstorf