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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Verdeckte Kriegsbeteiligung

■ betr.: „Krieg ist Pop“ von Felix Dachsel, sonntaz vom 14. 9. 13

Ich glaube auch, dass die Bevölkerung dazugelernt hat, vor allem seit Afghanistan und Irak. Weltweit werden jetzt die Lügen weniger leicht geglaubt. Daher muss die Kriegsbeteiligung verdeckter werden. Dachsel unterschätzt da Frau Merkel: Sie führt doch längst Krieg, indem sie nämlich den regen Waffenhandel an Saudi-Arabien zulässt. Deutsche Waffen töten längst in Syrien, auch wenn unsere SoldatInnen nicht dort sind. Alle, die „mitreden“, „ihr Gesicht wahren“, ihren Rüstungslobbys schmeicheln oder ihre Einflusssphären verteidigen wollen, kämpfen dort – alle über lokale „Ersatzkräfte“. So fein geht das heute! Und was kann der hinters Licht geführte Otto Normalverbraucher da machen? Zumindest eins: das Kreuzchen nicht verweigern, sondern an der richtigen Stelle machen. Es gibt doch mehr Parteien, die sich für ein Waffenexportverbot einsetzen, als uns die Medien suggerieren! SABINE MIEHE, Marburg

Wie weit aufeinander zugehen?

■ betr.: „Im Zweifel für die Flexibilität“, taz vom 12. 9. 13

Wer Grundgesetz, religiöse Sitten (kein Schweinefleisch) und kulturelle Umgangsformen mit Hilfe des in der Straßenverkehrsordnung beheimateten Begriffs der „Regel“ in einen Topf rührt, kann nur zu dem Ergebnis kommen, dass halt „alle Seiten aufeinander zugehen sollten“. Regeln braucht man eben.

Aber wie weit aufeinander zu? Wo ist nach dieser Metapher die Mitte? Gilt das Gesetz des Massenschwerpunktes (wie es derzeit den Anschein hat), oder gibt es sachliche Begründungen, gar verschiedene Ebenen? Der von Daniel Bax gewünschte „Kompromiss“ steht übrigens im Urteil selbst (von wegen „im Zweifel für die Schulpflicht“). Gut begründet: Schulpflicht gilt (nur), sofern es für die Betroffenen einen zumutbaren Ausweg gibt, den Gewissenskonflikt aufzulösen (hier: Burkini). Aber: Was es in unserer Gesellschaft legitimerweise zu sehen und zu hören gibt, das muss man sich in staatlichen Schulen auch ansehen und anhören. Wir sind in dem Sinn eine offene Gesellschaft, dass man sich mit allem auseinandersetzen muss, auch und gerade in der Schule. Wenigstens dieses Differenzierungsniveau des Urteils selbst sollte ein Kommentar nicht ohne Not unterbieten. Darüber hinaus wäre zu fragen, inwieweit der staatliche – und damit gesellschaftlich noch verhandelbare – Bildungsauftrag durch unterschiedlichste Gruppeninteressen nach und nach unterlaufen wird. Hierüber wäre die Debatte zu führen, anstatt einfach „im Zweifel“ mal auf ein Buch „zu verzichten“. OLAF RAHMSTORF, Konstanz

Mobilität umstellen

■ betr.: „Pkw-Maut für alle!“, wahl.taz vom 14. 9. 13

Ein wenig erstaunt las ich den Artikel von Claus Leggewie. Klar votiert er für deren Einführung in Deutschland. Der 68er argumentiert hierbei mit der Umstellung von Mobilität, nennt das Ganze dann einen paradoxen Tabubruch und stellt doch tatsächlich in den Raum, die heilige Kuh „Auto“ könne durch ein Zusammenspiel von Schwarz-Grün endlich entweiht werden. Statt, wie er behauptet, die „mentale Pfadabhängigkeit“ der „mentalen Infrastruktur des Automobils“ zu konterkarieren, bewegt er sich mit seiner Argumentationslinie auf eben jenen Pfaden.

Gerade in ländlichen Strukturen, in denen Mobilität allein durch Besitz eines Führerscheins und eigenen Pkws geregelt ist – und damit auch die Möglichkeit, einer Beschäftigung nachgehen zu können, die den Lebensunterhalt sichert –, brächte die Maut eben jene Menschen in eine finanzielle Notsituation, die im Mindestlohnbereich und darunter beschäftigt sind. Wie also stellt sich Herr Leggewie vor, die Mobilität – etwa auf ÖPNV – umzustellen, indem er sozusagen das Pferd von hinten aufzäumt? Eine Umstellung könnte nur dann erfolgen, wenn der ÖPNV nicht nur finanziell günstiger wäre, sondern darüber hinaus auch in allen Regionen zu regelmäßigen Zeiten angeboten würde. Ein Ausbau des ÖPNV (am besten in staatlichen Händen, ohne Konkurrenzdruck, mit öffentlich angestelltem Personal) wäre die einzig vernünftige Forderung in diesem Zusammenhang – und das lässt sich mit Schwarz-Grün ganz sicher nicht realisieren.

DOROTHEE BERG, Trier

Ökobonus für alle

■ betr.: „Pkw-Maut für alle!“, wahl.taz vom 14. 9. 13

Es ist sicher dringend nötig den Individualverkehr stärker an den Kosten des Straßennetzes zu beteiligen – aber es gäbe doch eine viel einfachere Lösung als die Pkw-Maut – und zwar den Ökobonus. Und der wurde auch schon mehrmals in der taz vorgeschlagen: zum Beispiel in dem Artikel von Bernward Janzing „Nullsummenspiel mit Gewinn“ (http://goo.gl/q7xJDC).

Ein konkreter Vorschlag am Beispiel Benzin: Die Mineralölsteuer wird um 50 Cent pro Liter erhöht. Die Einnahmen daraus behält aber nicht der Staat, sondern er gibt sie gleichmäßig verteilt an alle Bürger zurück. Alle Kraftfahrzeuge in Deutschland fahren derzeit 705 Milliarden km/Jahr (2010, Quelle: UBA), der Gesamtverbrauch an Benzin/Diesel beträgt ca. 67 Milliarden Liter. Das ergäbe Einnahmen aus der zusätzlichen Mineralölsteuer von ca. 33 Milliarden Euro/Jahr. Gleichmäßig verteilt auf alle Bürger in Deutschland erhielte jede/r Bürger/in 420 Euro pro Jahr vom Staat ausgezahlt. Und jede/r kann sich dann überlegen, ob er/sie das in Benzin investieren will oder lieber für andere Zwecke nutzt. Das erhöht auf jeden Fall den Anreiz, das Auto stehen zu lassen. Und jeder, der durchschnittlich viel Auto fährt, hat genauso viel Kosten wie vorher.

BERTRAM PREUSCHHOF, Diemarden