LESERINNENBRIEFE :
Soylent Brown is people?
■ betr.: „Die Bauchentscheidung“, sonntaz vom 25./26. 1. 14
Sind wir uns sicher, dass da nicht jemand mit uns allen einen Riesenscherz macht? Rob Rhinehart hat nämlich den Namen für seine braune Brühe mitnichten selbst erfunden, sondern er hat ihn aus dem Film „Soylent Green“ (1973, mit Edward G. Robinson und Charlton Heston). Darin ist Soylent ein Monopolkonzern für künstliche Nahrungsmittel, der in das totalitäre Regime, das die USA beherrscht, verstrickt ist. Er fischt die Meere leer, überzieht das Land mit einem Netz aus festungsähnlich bewachten Farmen und stellt, als alle anderen Ressourcen ausgeschöpft sind, sein begehrtestes Produkt, Soylent Green, aus Leichen her. Der Konzern macht so die US-Bevölkerung zu Kannibalen. In den Siebzigern wurde der Spruch „Soylent Green is people“, mit dem der Film endet, benutzt, um auszusagen, dass etwas gewaltig nicht stimmte. Müssen wir ihn umwandeln zu „Soylent Brown is people“? TONI THEILMEIER, Belm
Verbieten Sie Tschaikowsky!
■ betr.: „Olympische Ideologie: Frömmelnde Muskelprotze“, taz vom 25./26. 1. 14
Vorschlag zur Homophobie in Russland: Tschaikowsky-Ballette? Alle verbieten! Keinen Schwanensee mehr am Bolschoi-Theater und auch an keinen Nussknacker. Sollen doch die Touristen stattdessen im Hotel TV sehen. Erst recht keine Tschaikowsky-Sinfonien, die angeblich die russische Seele besser abbilden als irgendeine andere Musik? Gar nichts mehr von diesem schwulen Komponisten. Verbieten, zensieren! Los doch, Herr Putin, Sie haben die Macht dazu! Haben Sie auch den Mut? Oder fürchten Sie die weltweite Blamage, Herr Putin? LEONORE WEISSENBURGER, Fachbach
Waffen in betenden Händen
■ betr.: „Wie passt Beten wohl zum Töten“, taz vom 24. 1. 14
Die Kriege der Herrschenden zu legitimieren, ist seit der Entstehung der katholischen Kirche unter Kaiser Konstantin eines der Spezialgebiete von Theologen geworden. Die Legende, dass Jesus zu Konstantin in einer Vision gesagt haben soll, „In diesem Zeichen wirst du siegen“, gehört zu den Gründungsmythen der katholischen Kirche. Damit startete das Kirchenchristentum gleich zu Beginn mit einer Verdrehung der pazifistischen Lehre Jesu in das genaue Gegenteil.
Die theologische Rechtfertigung für den Krieg lieferten später die „heiligen“ Kirchenväter Augustinus und Thomas von Aquin. Beide postulierten den von Gott gewollten „gerechten Krieg“. „Glaube nicht, dass jemand, der mit den Waffen Kriegsdienst verrichten will, Gott nicht gefallen könnte“, belehrt uns Augustinus oder auch: „Was hat man denn gegen den Krieg? Etwa dass Menschen, die doch einmal sterben müssen, dabei umkommen?“
Wenn Kardinal Meisner 1996 bei einem Soldatengottesdienst behauptete: „In betenden Händen ist die Waffe vor Missbrauch sicher, steht er damit in einer alten Tradition. Von solchen zynischen Sprüchen können sich die Angehörigen der Opfer, die bei der Bombardierung von zwei Tanklastzügen bei Kundus ums Leben kamen, wenig kaufen. Auch ihre Klage auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik Deutschland war erfolglos. Aber warum eigentlich wird nicht Kardinal Meisner für seine fatale Umdeutung der Lehre Jesu verantwortlich gemacht? Das Vermögen des Erzbistums Köln wäre eine angemessene Entschädigung der Opfer. RALF BÖHM, Berlin
Nebenkriegsschauplätze
■ betr.: „Wie passt Beten wohl zum Töten“, taz vom 24. 1. 14
In einer Zeit, in der die sozialen Unterschiede ständig größer werden, die deutsche Kanzlerin gemäß dem von ihr verehrten Neoliberalen Hayek die parlamentarische Demokratie marktkonform machen will und die SPD sich nicht von der Agenda Schröder/Steinmeier lösen kann, sind zwei Dinge wichtig: Nebenkriegsschauplätze und Schuldige. Einfach strukturierten Gehirnen müssen eingängige Lösungen präsentiert werde. Randgruppen wie Homosexuelle sind für diese Funktion bestens geeignet. Zumal noch ein angeblicher Wille Gottes ins Feld geführt werden kann. Auch sollte man sich einmal die Frage stellen, ob Lehrer, die gemäß ihrer christlich-evangelikalen Überzeugung mit ihren Thesen zur Homosexualität oder auch Leugnung der Evolutionstheorie öffentlich auftreten, geeignet sind, im Auftrage eines doch weitgehend säkularen Staates Kinder zu unterrichten. ERICH ROTH, Grimma
Natürlich ist das Sexismus
■ betr.: „Schwule Mädchen“, taz vom 23. 1. 14
Der skandalträchtige und angstbesetzte Umgang mit Homosexualität im Männerfußball und die Lockerheit beim selben Thema, wenn es um Frauenfußball geht, sind Kehrseiten ein und derselben Medaille: Männlichkeit wird mit Stärke, Durchsetzungsvermögen und „Kernigkeit“ gleichgesetzt, Eigenschaften, die im Fußballsport nützlich sind. Und da Schwulen weibliche Attribute zugeordnet werden und Lesben männliche – eine lächerliche Vereinfachung – kommt es zu dem unterschiedlichen Umgang, der in dem Artikel so gut herausgearbeitet wird. Und ja, natürlich ist das Sexismus! Genauso wie die Tatsache, dass, sobald der Frauenfußball eine größere Öffentlichkeit hat, auf einmal das Aussehen und die konventionelle Weiblichkeit der Spielerinnen (die dann auch zur Beruhigung des Publikums ihre Heterosexualität implizieren sollen) mindestens genauso wichtig sind wie ihre sportlichen Leistungen. STEPHANIE DINKELBACH