piwik no script img

Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die nette Heidi Klum

■ betr.: „Heidi Klum – ‚Medschen‘ in der Villa“, taz vom 7. 5. 14

Über die negativen Folgen von Modelshows wurde ja schon einiges geschrieben. Sie freuen sich, wie nett Frau Klum sei, wie sie die Medschen lobe und wie angenehm selbstironisch sie sei. Das mag ja sein, sie ist aber eben auch diejenige, die darauf bestanden hat, ihren Namen extra hinter den Namen der Show zu kleben, wann immer die irgendwo aufgeführt wird. „Germanys Next Topmodell – by Heidi Klum“ ist ganz offensichtlich ihre Show. Sie könnte sagen: „Ich will keine sexistischen Arschlöcher in meiner Show haben, die den Medschen vorwerfen, dass sie nicht dürr genug sind. Ich will keine geldgeilen Machos in meiner Show, die minderjährige Medschen dazu anstacheln, sich lasziv im Bikini zu räkeln. Ich will keine verantwortungslosen Drehbuchschreiber, die die Medschen zu dämlichen Zicken zurechtschneiden. Meinen Namen will ich nicht für so etwas hergeben.“ Tut sie aber nicht. Sagt sie nicht. Sie lässt die anderen die Rolle der bösen Cops spielen und präsentiert sich selber als den etwas weniger bösen Cop, der süß selbstironisch ist und nett lobt. Und sackt hinterher das Geld ein, das ihre fiesen Schergen aus den Medschen rausgepresst haben. IVO HOLZNER, Hamburg

Am 25. Mai wählen gehen!

■ betr.: „Noch 17 Tage“, taz vom 10./11. 5. 14

Endlich mal jemand, der sich dem großen Thema „Europa“ widmet. Ich danke euch dafür, dass ihr diesem Thema so viel Platz einräumt. Nächstes Jahr feiern wir 70 Jahre Frieden auf unserem Kontinent. Die Generationen vor uns haben Großes geleistet. Aus verfeindeten Nationen haben sie ein Europa der gleichen Werte geschaffen, wo es egal war, ob du Deutscher, Däne, Ungar oder Italiener bist – bis die nationalen Tendenzen auf einmal wieder aufflammten und immer mehr Raum ergreifen. Mehr denn je müssen wir für diese gemeinsamen Wertevorstellungen kämpfen. Umso wichtiger ist es, dass die überzeugten Europäer am 25. Mai wählen gehen – immer im Hinterkopf, dass es stets der Nationalismus war, der diesen Kontinent in Kriege und Elend geführt hat. MARCUS KREFT, Selmsdorf

Kontraproduktive Jagd

■ betr.: „Die Natur ist kein Streichelzoo“, taz vom 10./11. 5. 14

Dass ein Prinz Charles, der auch Jäger ist und sich öffentlich für den Erhalt der perversen Fuchsjagd einsetzte, sich für das Töten von Eichhörnchen stark macht, ist nicht verwunderlich. Aber: Es ist unmöglich, mit dem Gewehr ein Gleichgewicht in der Natur herzustellen. Mittlerweile bestätigen sogar Jäger, dass die Population von Wildtieren mit der Jagd nicht regulierbar ist.

Wissenschaftler weisen bereits seit Jahren darauf hin, dass zum Beispiel das „Wildschweinproblem“ hausgemacht ist: Die massive Jagd fördert die unkontrollierte Vermehrung von Wildschweinen. Die Jagd ist somit nicht nur nutzlos, sondern sogar kontraproduktiv! Um ihr blutiges Hobby zu rechtfertigen, behaupten die Jäger, sie müssten Tierbestände durch Abschuss „regulieren“. Ohne Jagd würde es zu einer „Wildschweinschwemme“ kommen. Doch obwohl in Deutschland so viele Wildschweine geschossen werden wie noch nie, seit Beginn der Aufzeichnungen in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, steigt die Anzahl der Wildschweine weiter und weiter. Deshalb ist Ihre Behauptung, Herr Pötter, das Gleichgewicht mit der Flinte regulieren zu können, Jägerlatein! JÖRG BINDER, Lauterecken

Ein Schnippchen geschlagen

■ betr.: „Der gewissenhafte Erbe“, taz vom 8. 5. 14

Als Schweizer hoffe ich, dass die Bilder, die Herr Cornelius Gurlitt hinterlassen hat, ihren Weg in mein Land finden. Die Situation ist alles andere als einfach: Der bayerische Staat empfindet gar keine Freude, dass Herr Gurlitt ihm in seinem Testament ein Schnippchen schlägt. Nachdem nun die Todesursache eindeutig feststeht – keine Fremdeinwirkung! – wird man sich mit der geistigen Verfassung von Herrn Gurlitt zu dem Zeitpunkt befassen, als er durch einen Notar seinen letzten Willen hat festhalten lassen: Januar 2014.

Unter diesen Umständen ist es klug, dass der Direktor des Kunstmuseums Bern, Herr Matthias Frehner, sich in seinen Äußerungen zurückhält. Dieser Tage reist nun eine Berner Delegation nach Deutschland, um sich einen Überblick über die Sammlung zu verschaffen. Herr Frehner selber ist Experte für Raubkunst. Zudem kann er sich auf versierte Juristen stützen. In der Sammlung Gurlitt sollen sich Werke befinden, die als Raubkunst zu klassifizieren seien. Betreffend „Raubkunst“ haben am 3. Dezember 1998 44 Staaten, darunter auch die Schweiz, die Washington Principles unterzeichnet. Diese die Staaten rechtlich nicht bindende Übereinkunft setzt sich zum Ziel, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmten Kunstwerke der Raubkunst zu identifizieren, deren Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine „gerechte und faire Lösung“ zu finden. Herr Frehner hat festgehalten, dass für ihn diese Übereinkunft bindend sein werde. Apropos Raubkunst: seit 1945 sind fast 70 Jahre verstrichen und kein bayerisches Ministerium oder Gericht hat sich mit dem Vater von Cornelius Gurlitt, Herrn Hildebrand Gurlitt (gest. 1956) auseinandergesetzt, obschon alle zuständigen Personen gewusst haben, dass dieser während der Nazi-Zeit Deutschlands ein offizieller Aufkäufer beschlagnahmter und enteigneter Bilder gewesen ist. Durch ihr Verhalten haben die bayerischen Behörden Herrn Cornelius Gurlitt verletzt, verärgert. Dies und nicht „geschäftliche Verbindung in die Schweiz“ oder „familiäre Hintergründe“ haben Herrn Gurlitt bei der Aufsetzung seines Testamentes geleitet. JÜRG WALTER MEYER, Leimen bei Heidelberg