LESERINNENBRIEFE :
Glaube keinem Politiker
■ betr.: „Das sind keine Wutbürger, das sind Mutbürger“, taz vom 28. 12. 10
Was mich das Bahnprojekt Stuttgart 21 gelehrt hat: Glaube keinem Politiker, der den Mund aufmacht. Heiner Geißler ist Politiker, er ist CDU-Mitglied, er ist die Marionette von Ministerpräsident Mappus. VOLKER DÖHLER, Stuttgart
Den Machern auf die Finger sehen
■ betr.: „Das sind keine Wutbürger, das sind Mutbürger“,taz vom 28. 12. 10
Danke für das Schlagen einer Geißler-Schneise in den vielfach so düsteren Medienforst.
Durch Veröffentlichen des großen Interviews mit Heiner Geißler haben Sie nun gemeinsam mit dem Schlichter endlich nachlesbar gemacht, was die Schlichtungsgespräche zum Stuttgarter Bahnhofsprojekt ganz allgemein für die künftige Politik bedeuten können. Unter anderem nämlich: den Machern erst genau auf die Finger sehen, ehe sie ans Machen gehen dürfen. Das heißt: die oft großartigen Behauptungen unserer Damen und Herren aus den oberen Etagen immer gründlich prüfen, ehe ein Parlament, eine Regierung oder gar das Volk darüber entscheidet. Auch die Meisterschaft, mit der Heiner Geißler die Gespräche dirigierte, hat methodisch fast neue Maßstäbe gesetzt (Salomo lässt grüßen). CARL SOEDER, Dortmund
Montagabend vor dem Bahnhof
■ betr.: „Das sind keine Wutbürger, das sind Mutbürger“, taz vom 28. 12. 10
Da Sie im Interview Herrn Geißler Unsinn durchgehen ließen, möchte ich nur weniges richtigstellen:
1. Er behauptet, noch nie seriös gehört zu haben, dass er Demokratiesimulation veranstaltet hätte. Vielleicht sollte er es dann statt mit Hören mit Lesen versuchen. Ohne auf Dutzende seriöser Kommentare einzugehen, beschränke ich mich auf das Zitat von Carl Waßmuth und Detlev von Larcher: „Bleibt anzumerken, dass Geißler weder für noch in Absprache mit und am wenigsten im Sinne von Attac gesprochen hat, umgekehrt seine Attac-Mitgliedschaft aber benutzte, um sich als Schlichter erfolgreich anempfehlen zu lassen“ (nachzulesen auf www.attac.de).
2. Er behauptet, S 21 Plus sei identisch mit den wichtigsten Forderungen der Gegner, um aus dem neuen Bahnhof etwas Effektives und Gutes zu machen. Das zeigt, dass er das Anliegen der Gegner nicht mal im Ansatz verstanden hat. Leider hat die Vorgehensweise der Schlichtung es notwendig gemacht, die Defizite von S 21 einzeln abzuarbeiten, aber nie und nimmer, um aus Unsinn mit nochmal viel Geld angeblichen Sinn zu machen, sondern um den Tiefbahnhof zu begraben.
3. Er hält es für ausgeschlossen, dass die Bahn oder die Stadt, der das Gelände gehört, von diesen Inhalten der Schlichtung abweichen kann. Dann gäbe es einen echten Aufstand. Der Ministerpräsident habe ihm ausdrücklich gesagt, dass er dafür eintritt, dass diese Stiftung Anfang 2011 gegründet wird. Nun ja, das liegt dann wohl an seiner mangelnden Phantasie auf diesem Gebiet. Wer die Repräsentanten von Gemeinde, Land und Bahn im letzten Jahr hautnah erlebte, kann über diese Naivität nur die Achseln zucken.
Ob schließlich für die zukünftige Entwicklung demokratischer Strukturen der Hype um das Stuttgarter Modell nachhaltig wirkt, sei dahingestellt; wir werden uns in etwa zehn Jahren mal wieder unterhalten müssen. Einstweilen werde ich ab 10. Januar – als taz-Genosse leider ohne wirklichen taz-Beistand – meine Montage abends vor dem Stuttgarter Bahnhof verbringen. RÜDIGER HAUFF, Stuttgart
Staat ohne Bürgerrechte
■ betr.: „Vom Kosovo lernen. Die Palästinenser sollten jetzt einen eigenen Staat ausrufen“ von Andreas Zumach, taz vom 3. 1. 11
Israel hat die 1967 besetzten Gebiete nur deshalb nicht formell annektiert, weil es dann den Einwohnern dort Bürgerrechte gewähren müsste. Seitdem sind mehr als 40 Jahre vergangen, Israel hat Siedlungen und Infrastruktur entgegen internationalem Recht errichtet, beutet die Wasserresourcen aus und die israelische Währung ist überall gültig. Damit hat Israel, die sogenannte „einzige Demokratie“ im Nahen Osten, die besetzten Gebiete faktisch annektiert und selbst dafür gesorgt, dass eine Zweistaatenlösung unmöglich geworden ist. Der eine Staat besteht also de facto bereits, nur den Bürgern werden noch immer die Rechte verweigert. MANUELA KUNKEL, Stuttgart