piwik no script img

Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Danke, Troika!

■ betr.: „Zerstörung im Namen der Troika“, taz vom 29. 7. 14

Noch haben alle Griechen, und mit ihnen auch alle Besucher Griechenlands, freien Zugang zum Meer. Dies garantiert ihnen bislang das Gesetz 2971/2001, das nun zugunsten wirtschaftlicher Zwecke radikal verändert werden soll. So weit ist es aber zum Glück noch nicht gekommen, oder etwa doch?

Auf der Insel Samos, meiner absoluten Lieblingsinsel und zweiten Heimat, ist man bei der Privatisierung der Strände der Zeit bereits ein Stück voraus. Glücklicherweise nicht überall, aber in einem Hotel in der Nähe von Pythagório auf jeden Fall. Dort werden Strandbesucher, die nicht bereit sind, 15 Euro pro Strandliege zu bezahlen, ohne zu zögern, des Feldes verwiesen. So wird man nach wenigen Minuten, nach einer Beschwerde eines Hotelgastes, vonseiten der Rezeption freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Hotel um ein 5-Sterne-Luxushotel handelt, in dem die Gäste ihre Ruhe haben wollen und aus diesem Grund Kinder unter zehn Jahren am hauseigenen Hotelstrand (wie bitte?) nicht erwünscht seien. Da ich meinen Sprössling, auch wenn er die griechische Hitze gewöhnt ist, nicht im heißen Wagen einsperren wollte, habe ich mich ohne weitere Diskussion vom Strand entfernt. Für immer!

Übrigens, wer die 30 Euro für die Liegen bezahlt, darf natürlich bleiben; mit Kind! HEIKO MITTELSTAEDT, Hemsbach

Salzburger Wohnungsbaumodell

■ betr.: „Bezahlbare Mieten – statt Rendite“, taz vom 2. 8. 14

Das fordert Claus Schreer auf der Fortschritt-Seite. Das Rezept dazu ist, sich im sozialen Wohnungsbau von der Finanzierung über Banken und Kreditinstitute zu lösen. Wie das geht, darüber berichtete die taz in der Wochenendausgabe 10./11. 11. 2012. Das dort beschriebene Salzburger Wohnungsbaumodell wird über einen Wohnungsbaufonds finanziert und kam 2012 zu Nettokaltmieten von 4,78 Euro/m[2]. Da die Rückzahlungen an den Fonds erfolgen, wird dieser nach 15 Jahren selbsttragend und bedarf keiner Zuschüsse. Doch das Modell wird in Deutschland nicht kopiert. Warum nicht? Das schließt privaten Wohnungsbau für potente Kunden nicht aus, wäre aber ein Weg,Wohnungsnot zu mindern. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

Das Recht des Stärkeren

■ betr.: „An der nächsten Ecke ist Krieg“ u. a., taz vom 2. 8. 14

Rührend – peinlich – zynisch: Das schablonenhafte Bemühen der taz um eine „ausgewogene“ Berichterstattung zum Gaza-Konflikt empfinde ich als ärgerlich. Jeder eurer Artikel, jedes Foto zeigt doch, das nichts, aber auch gar nichts ausgewogen ist – außer der Anzahl Druckzeilen für jede Konfliktpartei. Es ist zynisch, zu schreiben: „Da wie dort versuchen die Menschen ein Stückchen Normalität aufrechtzuerhalten“ angesichts eines nahezu unbeeinträchtigten Alltags in Israel („ein Theaterfestival wurde abgesagt“ – oh, là là!) und Tod und Verwüstung in Gaza?

Dies ist einer der asymmetrischsten „Kriege“ weltweit, und primitive Gewaltlogik auf beiden Seiten befeuert ihn. Es herrscht das Recht des Stärkeren, und die sehr viel Stärkeren sind – auch auf lange Sicht noch Israel/USA – UNO-Resolutionen hin oder her. Man mag dies bedauern oder begrüßen, es ist Realität, und kein humanitäres Gesülze kann darüber hinwegtäuschen oder diesem Gemetzel höhere Weihen verleihen. Als der Stärkere wird man sich nicht dauernd beschießen lassen. Niemals wird die Hamas mit militärischen Mitteln einen Fortschritt für das palästinensische Volk erzielen können. Dass sie es dennoch versucht, zeigt einen Realitätsverlust oder ein kriminelles Kalkül mit dem Mitleid der Weltöffentlichkeit. Die Hamas muss entwaffnet und zum Teufel gejagt werden, am besten von den Palästinensern selbst, weniger weil sie eine Bedrohung für Israel wäre, sondern weil sie ihr eigenes Volk in den Untergang führt, indem sie Israel eine permanente billige Rechtfertigung für Besatzungsschikanen und Bombenterror liefert. Womit haben die Palästinenser solche Anführer verdient? Und Israel ? Will Israel eine entwaffnete Hamas? Will Israel Frieden? Frieden hieße auch: ein lebensfähiger palästinensischer Staat, Kompromisse, Zugeständnisse, Rückzug … Zweifel sind angebracht. Name und Anschrift sind der Red. bekannt

Kenntnisreicher Blick

■ betr.: „Die Nachteile der Freiheit“, taz vom 2. 8. 14

Da ich gerade die Lektüre des besprochenen Buches, „Die Freihandelsfalle“, beendet habe, bin ich regelrecht erschrocken, wie wenig die Rezension ihrem Sujet gerecht wird. Noch nicht einmal die Behauptung, das Buch sei „schnell zu lesen“, trifft zu. Es werden zum Teil ausgesprochen komplexe Zusammenhänge aufgedeckt, und dazu gilt es, sehr genau und intensiv hinzuschauen. Nur durchblättern und überfliegen, ja, das geht bei 126 Seiten flotter als bei 800. Die Kritik der Autoren ist auch nicht „undifferenziert“. Das Buch, konsequent und zweckmäßig strukturiert (was angesichts der Autorenvielfalt auch unerlässlich ist), behandelt fast alle zum TTIP gehörenden Aspekte und geht weit über die plakative Chlorhühnchen-Debatte hinaus.

Geradezu grotesk ist es, wenn sich der Rezensent zum Oberrichter über „linke Ideologie“ aufschwingt, aber in seinem kurzatmigen Kommentar kein Wort darüber verliert, was er unter diesem verwaschenen Begriff überhaupt versteht. Vermutlich hat er einfach nicht kapiert, dass der Text auch einen kenntnisreichen Blick auf die Hintergründe und Absichten der Initiatoren des Freihandelsabkommens und ähnlicher Aktivitäten wirft und dass dies gerade zu seinen Stärken zu zählen ist. ROLF OESTERLEIN, Nieder-Olm