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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Muss es Kai Diekmann sein?

■ betr.: „Mein Tschernobyl“, taz vom 21. 4. 11

Muss es wirklich sein, dass ausgerechnet Kai Diekmann in der taz Platz bekommt, um samt Foto von seinen damaligen Gedanken über die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl zu berichten? Man bekommt immer mehr den Eindruck, dass eure gelegentlich geäußerte Kritik an der Bild immer mehr von Ironie geprägt ist und man nach all den Jahren eigentlich ganz gut miteinander auskommt.

LARS SCHMITZ, Berlin

Folgekosten tragen alle

■ betr.: „550 Millionen für Sarkophag“, „Der Sarg für Block 3 und 4,taz vom 20. 4. 11

Wie kommt es, dass sich in der Welt ein Wirtschaftszweig etablieren kann, für den kein Versicherungszwang besteht? Jede kleine Firma muss alles gegen alle Eventualitäten versichern; Bürgerwindräder scheitern an den horrenden Versicherungssummen, aber die Katastrophenfolgen von AKWs trägt der Steuerzahler beziehungsweise tragen die Menschen privat!

Die Kerntechnik wird einfach für „systemrelevant“ erklärt wie die Banken, und Unfälle werden bezüglich internationaler Hilfe und Solidarität behandelt wie Naturkatastrophen. Sind sie aber nicht, sondern fahrlässige Körperverletzung und Tötung aufgrund von ignorierten Risiken! Hier werden Wirtschaftsinteressen auf höchsten und internationalen Ebenen durchgedrückt, und das ganze Lügengebäude heißt dann „kostengünstige, saubere Energie“!

Atomstrompreis-Rechenkünstler: Habt ihr die Sanierungskosten für Tschernobyl schon mit in eurer Kalkulation? Das sind noch mal 42,4 Millionen Euro von Deutschland, 110 Millionen von der EU, die Deutschland ja maßgeblich mitfinanziert; rechnet das mal für alle 25 Jahre, denn entsprechende Zahlungen werden ja auch für Fukushima fällig werden, wenn die Japaner wirtschaftlich am Boden sind … Wo liegt dann die Kilowattstunde Atomstrom?

SABINE MIEHE, Marburg

Mehr wird nicht gezahlt

■ betr.: „Polnische Pfleger bleiben weg“, taz vom 20. 4. 11

Mit großem Interesse las ich oben genannten Artikel und erschrak: Wo in den sogenannten neuen Bundesländern verdient eine ausgebildete Fachkraft zwischen 2.100 und 2.300 Euro? Da will ich mich doch gleich bewerben. Bei allen Vorstellungsgesprächen (bei einem sehr guten /guten Abschluss) ging es los bei 1.800 brutto bei einer 40-Stunden-Woche und endete bei einem Stundenlohn von 9,50 Euro, mit der allseits beliebten Bemerkung: Mehr wird man Ihnen nicht bezahlen, das ist ortsüblich.

Und hinzu kommt, das man mit der kleinstmöglichen Anzahl Mitarbeiter größtmöglichen Profit machen möchte. Ich kenne MA, die schieben seit Monaten über 70 Überstunden vor sich her. Das mal kurz zur Realität in der hiesigen Pflege.

ANDRE FRANK, Colditz

Gemeinsames Anliegen

■ betr.: „Sie haben ein Vaterproblem mit mir“, Interview mit Gangolf Stocker, taz vom 18. 4. 11

Gangolf Stocker ist der Mann, der über fast 15 Jahre den Protest gegen „Stuttgart 21“ am Laufen gehalten hat – und deswegen zu Recht eine besondere Stellung genießt. Er ist aber auch der Mann, der es in den letzten zwei Jahren verpasst hat, den enormen Zuwachs an Widerstand zu integrieren, und der die neuen Strukturen, die sich nicht nur mit den Parkschützern, sondern auch mit vielen anderen Fach- und Aktionsgruppen gegen Stuttgart 21 gebildet haben, nur noch als das Werk von „Wichtigtuern“ verstehen konnte. So verständlich es ist, dass er gerne weiterhin alles selbst kontrolliert und bestimmt hätte, so unangemessen ist es aber doch geworden.

Bleibt zu hoffen, dass er nun nach seinem Rücktritt als einer der Sprecher des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“ seine Energie bald wieder für unser gemeinsames Anliegen einsetzen wird, anstatt immer wieder öffentlich gegen die auszuteilen, die die gleichen Ziele verfolgen wie er. JÜRGEN HUGGER,

Vertreter der Parkschützer im Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21

Europa gibt es sehr wohl

■ betr.: „Europa gibt es nicht“, Dominic Johnson über die Krise der europäischen Idee, taz vom 20. 4. 11

Klein und allein ist auch keine Garantie für Einigkeit, immer währenden Wohlstand und schlanke Bürokratie. Gestritten und schlecht gewirtschaftet wird auch in manch anderen Ländern, die keinem Bündnis wie der EU angehören und auch dort gibt es Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Solche Argumente sprechen also nicht dafür, dass die Idee und Verwirklichung der Europäischen Union weder wünschenswert noch realistisch ist. Schon die Möglichkeit in anderen EU-Ländern arbeiten zu können, haben Millionen von Menschen in Anspruch genommen. Und ich kenne viele, die sich als Deutsche und auch als EuropäerInnen fühlen. Europa gibt es also sehr wohl.

Selbstverständlich können auch in einem größeren Verbund von Staaten gemeinsame Ziele verwirklicht werden. Natürlich gibt es auch Nachteile, aber gegen das Treiben von Ratingagenturen zum Beispiel kann sich die EU doch besser wehren als ein einzelnes Land, um nur ein Beispiel zu nennen. MANUELA KUNKEL, Stuttgart