LESERINNENBRIEFE :
Weltuntergang verpasst
■ betr.: „Es ist so weit: Heute ist Weltuntergang“, taz vom 21. 5. 11
Werte taz, so geht das nicht! Aufgrund eines dringenden, persönlichen Termins war es mir nicht möglich, die Sonntaz ordnungsgemäß und zeitnah zu lesen. Resultat: Ich habe den Weltuntergang verpasst! Wie könnt ihr eine so wichtige Meldung, die ja wohl Einfluss auf die gesamte Menschheit hat, erst auf Seite 36 bringen? Nicht einmal ein Hinweis auf der ersten Seite, nichts! So saß ich nun mit Gattin und Frühstücksei am Sonntagmorgen am Tisch und muss lesen, dass die Welt gestern untergegangen ist! Erschreckend.
RAINER BRODERSEN, Hamburg
Moral bleibt außen vor
■ betr.: „Hähnchen für 3,50 sind unmoralisch“, sonntaz v. 22. 5. 11
Bei der Diskussion um „Billigfleisch“ werden mehrere Punkte ignoriert oder stillschweigend für gut empfunden, zumindest finden sie kaum Erwägung. Und damit bleibt auch die Moral draußen vor.
Nicht erwähnt oder beschrieben wird, dass nicht der Fleischverzehr die Ursache des Problems ist, sondern die durch den Kapitalismus bzw. den von Marx schon beschriebenen Fakt der unbegrenzten Mehrwertbeschaffung das Problem darstellt. Wenn Massentierhaltung und Überproduktion immer noch subventioniert werden; wenn Anbauflächen nur dazu genutzt werden (auch subventioniert), potenzielles Tierfutter (neu auch zur Treibstofferzeugung) herzustellen; wenn den Menschen der Dritten Welt die Fische durch Fabrikschiffe weggefangen und ebenfalls zu Tierfutter verarbeitet werden, dann geht es doch darum, riesige Kapitalgewinne anzuhäufen, und nicht um „Fleischproduktion für alle“. Billiges Fleisch ist dann letztlich nur ein „Abfallprodukt“, das man noch vermarkten kann. Und selbst das ist noch nicht genug der Gewinnmaximierung.
Wir brauchen uns doch nur die Lebensmittel- und Gammelfleischskandale vor Augen zu halten oder die subventionierten Tiertransporte quer durch Europa. Da werden selbst Gesetze außen vor gelassen, die einem Einzelnen eine Anklage wegen Tierquälerei vor dem Hintergrund des Tierschutzgesetzes einbringen. Da wird die Moral einfach geopfert. Infolge dieser Missstände, die von der Politik noch gratifiziert, gedeckt und kaum bekämpft werden, kommt es dazu, dass z. B. ein riesiges Reservoir (das Meer) in 30 Jahren fast vollkommen ausgeschöpft ist oder dass es möglich ist, Patente über Pflanzen und Früchte zu vergeben. Pflanzen, die aus sich heraus existieren, werden somit einem allgemeinen Anbau und damit einer Bevölkerung entzogen, ebenfalls nur um extreme Gewinne zu erzielen (siehe Monsanto).
Um nun wieder zur Moral zu kommen, über die dieser Beitrag ja eigentlich informieren will: Dieses Handeln ist in den Augen der Politiker der starken Wirtschaftsnationen durchaus „moralisches Handeln“, denn die eigene Wirtschaftsleistung und Kapitalgewinne wird/werden – zwar auf Kosten anderer – erhalten oder gestärkt. Das beinhaltet, dass eine Definition von Moral doch von Machtpositionen abhängig ist und nicht pe se existiert. Und dieser Umgang mit Moral wird von der Bevölkerung adaptiert. Moral ist nur dann positiv, wenn sie mit der Anerkennung der Menschenrechte – ohne Einschränkung – einhergeht und die Menschenrechte nicht nur dort angerufen werden, wenn es dem politischen Machthaber zuträglich ist; und nicht, wenn Menschrechte zur leeren Formel verkommen, wenn es der eigenen Position dienlich erscheint, wenn es dabei um Macht- oder Gewinnmaximierung geht bzw. darum, andere als „Buhmänner“ zu disqualifizieren. Erst dann wird auch eine sogenannte Globalisierung (übrigens für mich nur ein Synonym für Imperialismus) gerecht und damit auch moralisch werden können, falls dies im Kapitalismus überhaupt möglich ist. ALBERT WAGNER, Bochum
Wir leben in einer Republik
■ betr.: „Der Stempel von Frau Redmann“, taz vom 19. 5. 11
Eigentlich sollte es jedes Schulkind wissen, aber leider muss man in Zeiten von Baron Fürst Freiherr und was sonst noch von und zu Guttenberg & Co wohl immer wieder daran erinnern: Seit der Weimarer Republik (genauer 1918) ist der Adelstitel (mitsamt Privilegien) abgeschafft und nur noch Bestandteil des bürgerlichen Namens. Was soll also in einer linken, emanzipatorischen und prodemokratischen Zeitung ein Blödsinn wie „Die Herzogin hört schon ein bisschen schlecht“ oder „ihr selbst rutscht der Titel ein paarmal über die Lippen“? Gut, dass wenigstens die „Herzogin“ kapiert hat, dass wir in einer Republik leben, und auf ihren „Titel“ verzichtet!
CLAUDIA STEINEL, Dresden
Theorie und Praxis
■ betr.: „Ekelrestaurants werden geoutet“, taz vom 20. 5. 11
Das haben sich die Länderminister schön ausgedacht und hört sich mal wieder gut an. Doch ohne eine Garantie für flächendeckende und gleichmäßige Kontrollen von Restaurants in kurzen zeitlichen Abständen ist die beschlossene Ampel-Kennzeichnung in der Gastronomie wertlos, im extremen Fall sogar irreführend für den Gast und wettbewerbsverzerrend für den Restaurantbetreiber. Bei der gängigen Kontrollpraxis wird es Jahre dauern, bis alle Restaurants eine Ampel haben. Man muss auch damit rechnen, dass das Gesetz von den Gerichten gekippt wird, da es in der Praxis wahrscheinlich den Gleichheitsgrundsatz verletzen wird. Schon jetzt ist klar, dass das Geld bei den Ländern für mehr als bloße stichprobenartige Kontrollen fehlt. Mit dem bloßen Drucken von Aufklebern wird man den Verbraucherschutz in der Gastronomie nicht verbessern können. HARTMUT GRAF, Hamburg