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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

„We want a better life“

■ betr.: „Südafrikas Opposition wächst“, taz vom 23. 5. 11

Der Autorin scheint vor allem wichtig zu sein, uns zu sagen, die DA (Demokratische Allianz) sei weiß. Und sieht in ihrer Wahl ein Verblassen der Erinnerung an die Apartheid? Es stimmt zwar, dass die Mehrheit der Mitglieder der DA weißer Hautfarbe ist. Es stimmt aber auch, dass Frontfrau Helen Zille (wie ihre vor den Nazis geflohenen Eltern) gegen das Apartheidsregime gekämpft hat. Sie war die Reporterin, die das Verschwinden und den Mord an Steve Biko durch Regierungsorgane aufgedeckt hat.

Vor einigen Wochen war ich in Südafrika und war erschreckt, wie die Townships weiter wachsen, dass es für viele Menschen in Townships kaum Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt gibt und unter welchen Bedingungen die Menschen dort immer noch leben (ein Klo für 40 bis 50 Familien, schlechter Zugang zu Wasser, die Gefahr, Opfer einer Gewalttat zu werden …).

All das unter ununterbrochener ANC-Regierung. Natürlich waren die Herausforderungen für die Post-Apartheidregierung riesig und Südafrika hat auf dem Papier eine der besten Verfassungen der Welt. Wovon die Zeitungen voll sind und was die Menschen uns erzählt haben (Schwarze, Weiße, Coloured, Gelbe, Grüne und Karierte – in keinem Land der Welt war mir bewusster, wie das Gegenüber pigmentiert ist: Arme und Reiche), ist die unglaubliche Korruption, in die vor allem der ANC verstrickt ist. Und der ANC hat maßgeblich dazu beigetragen, dass engagierte Abgeordnete aus Townships mit Häusern und Autos weggelobt wurden und Civics, also unabhängige KandidatInnen, keine Chance haben, gewählt zu werden.

In Kayelitsha (Township in Kapstadt mit zwei bis drei Millionen EinwohnerInnen und in Kayamandhi/Stellenbosch) sprachen EinwohnerInnen im März von Wahlboykott beziehungsweise davon, der DA ihre Stimme zu geben. Was leider auch deutlich wurde, ist, dass es in Südafrika bei vielen Menschen dieser so heterogenen Gesellschaft an politischer Bildung fehlt: Es bräuchte Menschen, die in Townships und auf Farmen zu den ArbeiterInnen und vor allem in die Schulen gehen, Demokratie erklären und die Leute dabei unterstützen, ihre Rechte wahrzunehmen. Am 8. März gab es in Kapstadt eine Demonstration von etwa 20.000 SchülerInnen, die „Equality in Education“ forderten und riefen „We want a better life!“. Keine Partei steht hinter ihnen. ANNE MEINKE, Freiburg

■ betr.: „Linke streiten über Anschlag auf S-Bahn“, taz vom 25. 5. 11

Was ist an der linksautonomen Szene links? Wieder einmal nervt eine selbsternannte „revolutionäre“ Gruppe mit neostalinistischem Gebaren. Wo ist denn die demokratische Rückbindung dieser „Avantgarde“? Hatten wir das nicht schon mal bei der RAF, dass irgendwelche selbstpostulierten „Eliten“ faschistoide Einzelgänge praktizierten. Es kotzt mich an, als Linker von diesen entweder dummen oder feigen Aktionen (die Herren sind ihnen zu schwierig, also hauen sie aufs Volk) kompromittiert zu werden. Ich wäre schon zufrieden, wenn die Bezeichnung „links“ nicht so herrschaftsgefällig verwendet würde; das geht an die Presse.

FRITZ PHILIPP MATHES, Pforzheim

Warum solche Eskalationen?

■ betr.: „Linke streiten über Anschlag auf S-Bahn“, taz vom 25. 5. 11

Ich verurteile natürlich jegliche Gewalt bei Auseinandersetzungen zu politischen Themen in unserer Gesellschaft! Dennoch frage ich mich, warum es erst zu solchen Eskalationen kommen muss? Sind es nicht gerade ein Großteil unserer Politiker und insbesondere die mächtigen Energiekonzerne, die sich viele Jahrzehnte hindurch taub gestellt haben und auch heute noch herumlamentieren, wenn es um die Sicherheit unserer Atomkraftwerke geht?

Fakt ist doch, dass nicht die Hysterie in der Bevölkerung grassiert, sondern die große Sorge, dass gerade stark veränderte Umweltbedingungen, Flugzeugabstürze oder Terroranschläge auch bei uns schnell zu einer Katastrophe führen können. Sichere Atomkraftwerke gibt es nirgendwo auf der Welt, sonst hätte sich schon längst eine Versicherung gefunden, die das Risiko dafür auch übernimmt und nicht einfach auf die Bevölkerung abwälzt, die letztendlich hohe Kosten tragen oder einen Atom-GAU sogar mit dem Leben bezahlen muss. Wer solche Szenarien billigend in Kauf zu nehmen scheint, der braucht sich auch über Anschläge nicht zu wundern!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Standards sind mittelmäßig

■ betr.: „Ausbruch von Darmkeim: Zwei weitere Todesfälle“, taz vom 26. 5. 11

Da bemühen sich Menschen um gesunde Ernährung, essen Salat, Gurken und Tomaten und sterben daran. Angesichts der jüngsten bakteriellen Verseuchung unserer Nahrung sei zum Beispiel an eine kleine Zeitungsnotiz vor einigen Wochen erinnert. Informiert wurde darin über die weiter übliche Ausbringung von Klärschlämmen mit auch chemischen Rückständen auf landwirtschaftlichen Flächen. (Die Aussparung von Salat- und Gemüsefeldern ist hierbei übrigens überhaupt nicht kontrollierbar.) Diese spezielle Art der Müllverklappung ist beispielsweise in der Schweiz längst – und sicher aus guten Gründen – verboten!

Warum sind unsere Standards bezüglich der Krankenhaushygiene, aber eben auch in puncto Lebensmittelsicherheit, allenfalls Mittelmaß und somit kein Vorbild für die Welt und wenig exportwürdig? ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt