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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Nie wieder autofreie Sonntage

■ betr.: „Blutige Geschäfte“, taz vom 6. 7. 11

Wir, die deutschen Autofahrer, brauchen Benzin. Nie wieder autofreie Sonntage! Die Saudis, ja, alle Nationen brauchen Sicherheit vor den Iranern. Diese Sicherheit muss folglich auch durch deutsche beste Waffentechnik erzeugt werden, egal wen die Saudis selbst massakrieren, egal ob sie ihre Frauen knebeln, ihren Frauen selbst gar das Autofahren verbieten! Der Zustrom des noch Jahrzehnte aus Saudi-Arabien sprudelnden Öls muss gewährleistet sein, auch hinsichtlich der Berechenbarkeit seiner künftigen Preisentwicklung. Wenigstens halbwegs freie Fahrt für freie Bürger sichert der CDU den Erfolg der nächsten Bundestagswahlen. Alles richtig gemacht, Frau Merkel, oder den Rubikon der Nicht-mehr-Wählbarkeit für viele überschritten? ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt

Mordsgeschäfte mit Leopard 2

■ betr.: „Blutige Geschäfte“ u. a., taz vom 6. 7. 11

Genau diese Art von „Mordsgeschäfte“ sind es, wegen der ich die meisten PolitikerInnen verachte, sie unglaubwürdig und unmoralisch empfinde.

Es ist schon schlimm genug, dass wir der drittgrößte Waffenexporteur der Welt sind; das Weiterdenken, was mit diesen Waffen geschieht, ist ebenfalls schlimm genug; schlimm genug auch, dass statistisch gesehen etwa 90 Prozent der mit diesen Waffen getöteten Menschen Zivilisten sind und keine Osama bin Ladens oder Gaddafis. Aber Geschäfte gleich welcher Art mit diesen „lupenreinen Demokratien“ abzuschließen, ist einfach unerträglich.

Ich vermisse Moral in der Politik. Ich vermisse Anstand. Und ich vermisse deutlichen Abstand zu Ländern, die keine Demokratien sind. Aber bei 80.000 Arbeitsplätzen allein in der Rüstungsindustrie muss wohl Brechts Zitat wieder hervorgeholt werden: „Erst kommt das Fressen und dann die Moral.“ ERIKA BOSCH, Düsseldorf

Frau Fischers private Befindlichkeit

■ betr.: „Ich bin ein lang anhaltender Effekt“, Interview mit Andrea Fischer, taz vom 2. 7. 11

Eine grüne Bezirksbürgermeisterkandidatin lobt im Gespräch das Engagement der Bürger, die den Müll einsammeln, während auf dem Bild deutlich wird: Frau Fischer gehört nicht zu denen, für die Müllvermeidung ein Thema ist, denn sie selbst sorgt mit ihrem Coffee-to-go-Becher eifrig für Nachschub.

Als langjährige Bürgerin im Bezirk Tiergarten nehme ich den Grünen nach diesem Interview sehr übel, dass sie den grünen Wählern in Mitte diese uninspirierte Politikerin als Bezirksbürgermeisterin unterjubeln wollen, die offensichtlich nur an einem neuen gut bezahltem Job interessiert ist. Zu dem Bezirk hat sie keine Verbindung. Ihre unkritische Haltung zur Pharmaindustrie ist ja als Lobbyistin nicht verwunderlich, doch für eine grüne Kandidatin keine Empfehlung. Da es in dem Gespräch hauptsächlich um Frau Fischers private Befindlichkeiten (Glaube, Fernsehserien, Rauchen, Essen) geht, konnte ich nicht nachvollziehen, worin der „lang anhaltende Effekt“ bestehen soll. Im Bezirk ist sie noch nicht durch besondere Aktivitäten in Erscheinung getreten, deshalb sieht es doch eher danach aus, als ob man einer alten Parteifreundin hier wieder zu einem politischen Amt verhelfen möchte. Das Wohl der Bürger ist auch hier wieder mal nachrangig, schließlich kümmern die sich ja in Bürgerinitiativen selbst um ihre Probleme, ohne 7.000 Euro monatlich dafür zu bekommen. Zweckentfremdeter Wohnraum durch Ferienwohnungen, Spielhöllen wo man hinsieht, heruntergekommene Turmstraße, und so weiter. Dazu hat Frau Fischer wohl keine Meinung, geschweige denn Ideen, sonst hätte sie die Gelegenheit in der taz dazu nutzen können, interessierte Wähler zu informieren. Die positiven Umfrageergebnisse sollten die Grünen nicht übermütig werden lassen, denn der grüne Wähler gehört wohl zu den kritischsten Bürgern überhaupt. RENATE RYCHLIK, Berlin

Wahlkampfhilfe für die FDP

■ betr.: „Koalition will Steuern senken“, „Der Staat ist zu mager geworden“, taz vom 4. 7. 11

Ich halte gar nichts von Steuersenkungen, denn schon jetzt sind Städte, Länder und Gemeinden in Deutschland hoch verschuldet und können ihre Aufgaben kaum noch richtig wahrnehmen: Der Service für den Bürger bei Ämtern und Behörden leidet, Schwimmbäder und Bibliotheken müssen geschlossen werden, und die Förderung sozialer Aufgaben bei Jugendlichen und Senioren wird zusammengestrichen. Da ist kein Spielraum mehr für Steuersenkungen, die ohnehin nur auf eine Wahlkampfhilfe für die FDP ausgerichtet sind! Man sollte lieber bei den Tarifverhandlungen höhere Lohnabschlüsse erzielen, damit auch der Normalbürger etwas vom Aufschwung abbekommt: Jetzt sind die Arbeitgeber gefordert!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Ein FDP-Rettungsschirm

■ betr.: „Das große Steuertheater“, taz vom 5. 7. 11

Stellen Sie sich vor, jemand kündigt für Ihre Party an, ein großes Partyzelt zu spenden und erscheint dann mit einem löcherigen gelben Regenschirm, den Sie und Ihre Gäste ihm abkaufen sollen. Ungefähr so stellt sich die schwarz-gelbe Bundesregierung die Steuersenkung auf Pump offenbar vor. Anstelle einer soliden Finanzpolitik gibt’s nur ’nen FDP-Rettungsschirm … JENS MARTIN, Osnabrück