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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Was soll Schule denn noch alles?

■ betr.: „Die Schule kann es richten“, taz vom 24. 11. 11

Ein Fragezeichen hinter der Überschrift hätte dem Text besser gestanden. Du lieber Himmel, was soll die Schule denn noch alles richten? Da sind ja außer den Bildungszielen schon: Pubertät samt Identitätsfindung, zerbrochene Elternhäuser, Bildungsferne, mangelnde Sozialkompetenz, organisatorische Betreuungsprobleme, zu geringe Ausbildungsreife, Cyber-Mobbing, Gewalt unter Jugendlichen , Bewegungsmangel und Übergewicht, Verhaltensauffälligkeiten … Wo sind denn die Schulen, die es tollen, motivierten Lehrerinnen und Lehrern – mit unterschiedlichen Herkünften! – ermöglichen, dass SchülerInnen an ihnen attraktive Werte als „gelebte Praxis“ erleben (ohne dass die Lehrkräfte dabei ausbrennen)? Wo sind die Stundentafeln, die für „gelebte Praxis“ Raum lassen? Wo sind die Klassenfahrten hin, die es Klassen ermöglichten, sich nicht nur im Klassenraum, sondern „im Leben“ mit demselben auseinanderzusetzen? Hat denn mir die Schule die Werte vermittelt, die ich jetzt „habe“? Nein, das waren Elternhaus und Peer-Group.

Die außerschulische Jugendarbeit und „zivilgesellschaftliche Sozialarbeit“ (inkl. Vereine aller Art, Kirchen, Moscheen usw.) dürften da prägender wirken und müssten ihrerseits gestärkt werden, insbesondere in Gegenden, wo jetzt noch Mangel daran herrscht. CORNELIA SCHINDELIN, Herrenberg

Zeitbegleiter

■ betr.: „Grandios scheitern“, taz vom 16. 11. 11

Glückwunsch, eine rundum gelungene Würdigung von Schaffen und Werk des Franz Josef Degenhardt. Vor allem ist sie keine unkritische Lobhudelei, sondern greift auch die Schattenseiten (DeKaPe, dogmatisch-links) auf. DeKaPe = links? Wohl eher kleinbürgerlich-grau-spießig. Aber so ist das eben bei vielen Menschen. Das Leben ist nicht gleichförmig, sondern voller Brüche, Irrungen und Wirrungen – gerade in einer linken Biografie. Väterchen Franz war ein genauer, kritischer Beobachter, der daraus zur Klampfe bissige Kommentare formulierte. Gerne auch mal zynisch, ein großer alter Barde, Liedermacher, Zeitbegleiter. WOLFGANG REUTER, Düsseldorf

Irrtümer

■ betr.: „Der Standhafte“, „Grandios scheitern“, taz vom 16. 11. 11

Nichts gegen „Väterchen Franz“, aber was er uns hören ließ, als er versuchte, das Parteiprogramm der DKP zu vertonen, war grauenhaft. War er „standhaft“, weil er sich zeitlebens davon nicht öffentlich distanzierte? Auch wenn das Ironische im Titel „Der Standhafte“ mitschwingt: „Grandios gescheitert“ ist Degenhardt sicher nicht. Ich würde, milde gestimmt, sagen: Er ist als einer gestorben, der sich nicht geändert hat. Leider. Die taz hat keine Zeile übrig für den Antipoden, der in diesen Tagen 75 wurde: Wolf Biermann. Der hat sein Scheitern und seine Irrtümer im Unterschied zu Degenhardt öffentlich gemacht.DIETER ZUREK, Leverkusen

Die eigenen Spuren verwischt

■ betr.: „Taten statt Bekenntnisse“, taz vom 24. 11. 11

Dieser Artikel ist sehr notwendig, räumt er doch mit der stereotypen Aussage auf, der politische Hintergrund der brutalen Morde sei wegen fehlender Bekennerschreiben für die Ermittler nicht ersichtlich gewesen. Folglich ging man in Richtung Mafiosi, Bandenkriege oder Schutzgelderpressung und ruinierte damit nicht nur den Ruf der bedauernswerten Opfer, man schuf auch ein Klima der Angst und schürte kräftig die Ressentiments gegen Migranten. Für Anschläge aus dem rechten Lager ist es typisch, eigene Spuren zu verwischen und falsche Fährten zu legen. Denn hier wird Terror als Mittel eingesetzt, um in der Bevölkerung Chaos und Desorientierung zu stiften. So soll das Wahlvolk das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit demokratischer Institutionen verlieren und ein „härteres Durchgreifen“ verlangen. ANNE ARNOLD, Berlin

■ betr.: „Das entscheidende Detail. Brüder Grimm“, taz vom 25. 11. 11

Dem Zitat aus dem Interview der Zeit mit Guttenberg vom 24. November fehlt ein pikantes Detail: Es war nicht nur irgendeine „reizende Ärztin in den USA“, sondern „eine reizende indische Ärztin in den USA“. War es eine schwarzarbeitende Inderin? Oder eine indisch aussehende US-Amerikanerin, die aber für einen Bayern zeitlebens indisch bleibt? Große Frage.

Und über die mysteriöse Augenkrankheit selbst (links extrem kurzsichtig, rechts relativ weitsichtig haha!), die Karl-Theodor usw. zu Guttenberg „wundersamerweise“ erst mit über 30 zum Brilletragen zwang, heißt es: „Irgendwas in unserer Familiengeschichte muss über die Jahrhunderte dazu geführt haben“ – die ist also nicht etwa so was Simples wie bei dir und mir …

So viel zum inhaltlichen Niveau des ganzen Interviews. Man fasst es nicht. BÄRBEL HAUDE, Göttingen