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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Kein Kriegsschauplatz

■ betr.: „Kein Recht auf Krawall“, taz vom 19. 3. 15

Weshalb bekommen wir die Proteste um die EZB – und nicht nur gegen ihre Geldpolitik, sondern gegen eine ruinöse Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung allgemein – als Kriegsschauplatz serviert?

Warum sollen wir glauben, dass ein friedlicher und fröhlicher Protest gegen den aktuellen Weltzerstörungswahn hilft, der als Realismus ausgegeben wird und von dem nur eine Minderheit profitiert? Wie kommt es, dass über die (friedlichen und fröhlichen!) Proteste gegen TTIP von zigtausend Menschen in der taz nur auf Seite irgendwo berichtet wird? SANDRA BEAUFAYS, Bielefeld

Krawall wird woanders gemacht

■ betr.: „Kein Recht auf Krawall“, taz vom 19. 3. 15

Wir waren ab 13 Uhr bei den Demonstrationen und Kundgebungen. Sie waren allesamt friedlich. Es stimmt also nicht, dass „die Demonstrationen insgesamt gewaltsam verliefen“. Es ist schade, dass Ines Pohl in das allgemeine Alarmgeschrei einstimmt. Das Titelbild – brennendes Frankfurt – suggeriert eine Stadt im Chaos. Auch die Bestürzung des Anmelders von der Linkspartei im TV am Mittag drückt unangemessenes Schuldbewusstsein aus. Natürlich waren die quasimilitärischen Angriffe vorbereitet. Naomi Klein und Sahra Wagenknecht haben in ihren Kundgebungsreden die Randalevorwürfe angemessen zurückgewiesen.

Solche gewaltförmigen Wutausbrüche schaden politisch, aber sie waren nur ein Teil der Realität. Der wirkliche Krawall wird woanders gemacht. Noch etwas zum Thema „noch nie dagewesen“: In den 70er Jahren sind Polizeibeamte in Frankfurt weitaus aggressiver angegangen, angegriffen, verletzt und sogar getötet worden.

HARTMUT PRESCHER, Frankfurt

Drängende Fragen

■ betr.: „Athen darf auf Geld hoffen“, taz vom 21. 3. 15

Welche Berechtigung hat Herr Schäuble, als Vertreter dieser Regierung, diese Forderung immer wieder an Griechenland zu stellen, solange er seine eigenen Hausaufgaben nicht gemacht hat? Da gibt es seit drei Jahren die Entscheidung, im Bereich des Euroraums eine Transaktionssteuer einzuziehen. Was wurde unter seiner Ägide als Finanzminister getan, um diese Entscheidung umzusetzen, die bis zu 45 Milliarden Euro Steuern in die deutschen Staatskassen spülen würden? Was tut die Regierung, wieder unter dem Vorsitz des Finanzministers, das Urteil zur Erbschaftssteuer umzusetzen? Was tut diese Regierung in der Frage nach der Vermögenssteuer, die aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils auf Eis gelegt ist? Und warum verhindern die Regierungsparteien im EU-Parlament einen Untersuchungsausschuss zu den sogenannten Luxleaks?

Schließlich: Weshalb schützt die Bundesregierung immer wieder das Großkapital und nimmt die kleinen Steuerzahler, die keine Schwarzgelder auf Auslandskonten verschieben können, in die alleinige Steuerpflicht? ALBERT WAGNER, Bochum

Kein Verräter, sondern Retter

■ betr.: „In der Damentoilette“, taz vom 13. 3. 15

Lieber Alem Grabovac, ich möchte Sie gern beruhigen: Sie waren kein Verräter! Wenn Sie jemals auf einem Klo gesessen und plötzlich in einem kleinen Loch in der Wand neben sich ein Sie anstarrendes Auge gesehen und den dazugehörigen Schreck empfunden hätten, wären Sie nie auf die Idee gekommen, sich als Verräter zu fühlen, sondern als Retter! Natürlich sind das arme Schweine, die so was machen, aber ihrem „Bedürfnis“ nach sexueller Stimulation sollten sie doch lieber nicht auf meine (oder anderer Frauen) Kosten nachgehen dürfen. HEIKE BRANDT, Berlin

Wo bleiben die Zwischentöne?

■ betr.: „Bei euch pikst’s wohl“, taz vom 21. 3. 15

Liebe taz, ihr seid meistens sehr darum bemüht, gute Recherche auch dort zu betreiben, wo nicht alle hinschauen und mutige Positionen jenseits des Mainstreams zu beziehen. Dafür liebe ich euch seit fast 30 Jahren. Warum nur versagt ihr derart bei dem Impfen? Wo bleibt eure journalistische Distanz und Neugier? Wo die wichtigen meinungsrelevanten, zugegebenermaßen komplexen, kompetenten Zwischentöne? Ich sitze rat- und fassungslos vor dem zweiseitigen Artikel der Wochenendausgabe. Was, außer überflüssiger Polemik, wollt ihr euren mündigen, aber eben auch gerade nach guten Positionen ringenden LeserInnen damit sagen?

Die Impfdebatte ist so schwierig, weil sie von keiner Seite eindeutig gelöst werden kann und dennoch am Ende jede Haltung eine Entscheidung bedeutet. Man kann sich in dieser Frage nicht Nichtentscheiden. Man hat nur einen Wurf. Man kann nicht mit absoluter Sicherheit wissen, was wie miteinander interagiert. Und man hat im Falle der Kinder die Verantwortung für viel mehr als sich selbst. Und man will das Richtige tun. Es ist nicht so banal einfach, wie ihr es darstellt. Na klar, es gibt die durchgeknallten Realitätsleugner auf beiden Seiten. Die bieten sich als plakative Fläche zum gezielten Lächerlichmachen geradezu an. Dass ihr euch allerdings dafür hergebt, darüber eine kostbare Seite lang exklusiv zu berichten, dem nachdenklichen Arzt mit der Schokocreme auf dem Tisch jedoch nur in atmosphärischen Küchenbeschreibungen angelehnt kurz ein paar Randbemerkungen gestattet, das schockiert mich. Kritischer Journalismus sieht anders aus. KERSTIN WESTEN, Darmstadt