LESERBRIEFE :
Peinliches Selbstmitleid
■ betr.: „Wulff rechnet mit Hannover ab“, taz vom 12. 6. 14
Wie Christian Wulff nach „ganz oben“ kam, kann ich mir ungefähr vorstellen und auch erahnen, wie es dort oben gewesen sein muss, da er sich danach „ganz unten“ wähnte. Er weiß halt nicht, dass es Schlimmeres gibt als Rücktritt mit lebenslangem Ehrensold. Und ach ja, die böse Journaille, die ihn für seinen mutig-monumentalen Satz, der Islam gehöre zu Deutschland (so erfreulich ausländerfreundlich wie daneben), erbarmungslos aus dem Amt jagen und hinrichten wollte! Wo er doch „der Richtige“ war. Ein bisschen ist der Bundespräses (erzwungenerweise a. D.) ja dann doch zu bemitleiden, weil er über die Klinge springen musste wegen vermuteter Vorteilsnahme. Hört jedoch endlich auf, den Wulff zu geben! Eine Parteikarriere, die mir weder Ehrfurcht noch Bewunderung abgenötigt hat, und das peinliche Selbstmitleid, aus dem schon wieder der Größenwahn lugt, als „Beitrag zur politischen Kultur im Lande“ zwischen zwei Buchdeckel zu klemmen und mit dem Erlös die Staatsrente aufzubessern, ist einfach nur dreist. JUTTA KRAUSS, Eisenach
Ein Aushilfsheiliger
■ betr.: „Michail Chodorkowski, ein Humanist in Berlin“, sonntaz vom 14./15. 6. 14
Journalisten sind ja auch nur Menschen und Menschen brauchen Idole. So schreibt Herr Fanizadeh in der Rubrik „Leuchten der Menschheit“ zu Michail Chodorkowskis Buchvorstellung. Er lobt dessen feine, ironische Art und die empathischen Miniaturen in seinem Buch. Mag alles stimmen, und Chodorkowskis Kritik am mafiösen und ineffizienten System Putin ist sicher auch richtig. Allerdings fand sein eigener Aufstieg zum milliardenschweren Oligarchen im mafiösen und ineffizienten System Jelzin statt. Mit Sicherheit hat die Haft Chodorkowski verändert und die Saulus-Paulus-Nummer ist einfach zu verlockend – aber aus einem windigen Geschäftsmann einen Aushilfsheiligen zu konstruieren, ist dann doch zu viel des Guten, oder? Diese Art der Berichterstattung erinnert sehr an ähnlich undifferenzierte Lobgesänge auf Steve Jobs oder Pep Guardiola. Liegt es an der Gandhi-Glatze? MICHAEL SCHÖFFSKI, Köln
Antimoderner Kitsch im Norden
■ betr.: „Der Schrecken der Insel“, taz vom 12. 6. 14
Was Ihre Autorin als Bausünde am Südstrand der Insel Fehmarn bezeichnet („drei Hotelbauten – alte Westplatte“) ist von Arne Jacobsen gebaut (http://www.arne-jacobsen.com/en/arne-jacobsen/biography). Pikant daran ist, dass Ihrer Autorin nicht aufgefallen ist, welch antimodernen Kitsch die schleswig-holsteinischen Heimatschutzarchitekten auch auf der deutschen Sonnenscheininsel hinterlassen haben. Die Moderne ist in Schleswig-Holstein aus ideologischen Gründen erst in den 60ern zum Zuge gekommen. Bausünde? Tissis! Heimat- und Denkmalschutz sind in Schleswig-Holstein sehr oft sehr eng miteinander verbunden. In dem Band über 100 Jahre Denkmalschutz in Schleswig-Holstein sind faschistische Sentenzen des viele Jahre amtierenden Chefs als geschickter Umgang mit der Nazi-Rhetorik zum Nutzen des Denkmalschutzes ausgelegt worden. Die NS-Relativierung ist in den Amtsstuben des echten Norden noch heute das Normale. Umso unpassender ist es, jegliche Moderne in diesem Land als Bausünde abzuqualifizieren, die Kitsch-Vorlagen für den postmodernen Schnörkelunsinn jedoch zu übersehen.
CHRISTIAN STERNBERG, Meldorf
Der Kleine Panda
■ betr.: „Kleiner Pandabär im Zoo vermisst“, taz vom 11. 6. 14
Ich bin nun doch um eure Allgemeinbildung besorgt. Im Gelsenkirchener Zoo ist nach dem Unwetter ein Kleiner Panda vermisst worden. So weit, so tragisch. Dass ihr in der Meldung von einem kleinen Pandabären schreibt, könnte als Flüchtigkeitsfehler durchgehen, den ihr vielleicht schon aus der Pressemitteilung übernommen habt. Aber dass ihr daneben das Bild eines Großen Pandas abdruckt, bedeutet, dass ihr den Unterschied zwischen Pandabär (= Großer Panda) und Kleinem Panda nicht kennt. Das sind zwei völlig unterschiedliche Tiere! Der schwarz-weiße Große Panda (auf dem Foto) gehört zur Familie der Bären. Mit dem in Gelsenkirchen geflüchteten „Kleinen“ hat er aber nur das Lieblingsessen gemein. Der tatsächlich viel kleinere Kleine Panda sieht eher wie eine Kreuzung aus Fuchs und Waschbär aus und stellt eine eigene Familie dar. Das sollte mensch wissen, da beide Pandas sehr gefährdet sind und unsere Aufmerksamkeit dringend brauchen. Übrigens: Ihr macht eine ganz tolle Zeitung! Danke! DAISY KRATZ, Leipzig
Krieg ist Krieg, Gewalt ist Gewalt
■ betr.: „Isis darf nicht siegen“, taz vom 13. 6. 14
schade, frau pohl, dass sie in ihrem kommentar nicht erklären, warum isis nicht siegen darf. worin unterscheiden sich bomben, morden, vergewaltigen unter amerikanisch/europäischer und unter isis-flagge? mordet es sich da demokratischer? und was meinen sie mit dem attribut „grenzenlose gewalt“ als „selbstverständliche handlungsoption“ im zusammenhang mit isis? nun sagen sie bitte nicht, sie sehen da qualitative unterschiede in der jeweiligen kriegsführung. krieg ist krieg, mord ist mord, gewalt ist gewalt. vielleicht wäre ein islamisches kalifat für diese regionen/länder allemal erträglicher als jahrelanger interventionistischer kriegszustand. HELMUT C. BÜSCHER, Osnabrück