: Kutten bevorzugt
Bayern will muslimische Kopftücher in Schulen verbieten.Kruzifix und Kippa bleiben aber weiterhin erlaubt
MÜNCHEN taz ■ Das Kopftuch muss weg, die Priesterkutte darf bleiben. Die bayerische CSU-Staatsregierung hat am Dienstag ein Gesetz in die Wege geleitet, das muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern an den Schulen des Freistaates verbieten soll. Im Januar will der Landtag über das Vorhaben abstimmen.
Als Begründung für ein Verbot nannte das bayerische Kabinett, das Tragen eines Kopftuches könne als „Ausdruck einer Haltung verstanden werden, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen nicht vereinbar ist“. Und Kultusministerin Monika Hohlmeier ergänzte, dass zumindest ein Teil der Kopftuchträgerinnen unter dem Verdacht stehe, „damit eine mindere Stellung der Frau in Gesellschaft, Staat und Familie“ zu befürworten“. Generell, klagte Hohlmeier, werde „das Kopftuch immer wieder als politisches Symbol“ für eine radikal-islamische Weltanschauung „verstanden und missbraucht“.
Das sieht die Opposition im bayerischen Landtag anders. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Franz Schindler, findet es anmaßend, „das Kopftuch ausschließlich als ein politisches Symbol des islamischen Fundamentalismus zu betrachten“. Und Ursula Walther, Vorsitzende des bayerischen Elternverbandes, wunderte sich, dass Kultusministerin Hohlmeier auch den „mehrheitlichen Elternwillen“ in Bayern für das Kopftuchverbot ins Feld führt, die ihre Kinder damit angeblich vor fundamentalistischen Einflüssen schützen wollen: „Wir haben keine einheitliche Position in dieser Frage.“
Während der bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband und der Philologenverband eine Gesetzesänderung unterstützen, befürchten Verfassungsrechtler juristische Probleme. Denn christliche und jüdische Symbole sollen im Unterricht auch weiterhin erlaubt sein. Diese Ungleichbehandlung könnte eine Fülle von Klagen nach sich ziehen. Bereits im Oktober hatte Baden-Württemberg eine ähnliche Gesetzesänderung vorgestellt. Damit reagierte es als erstes Land auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Entscheidung über ein mögliches Kopftuchverbot den Bundesländern zu überlassen. Doch hatten die Verfassungsrichter dabei die Einschränkung gemacht, dass ein Kopftuchverbot nur „begründet und durchgesetzt werden kann, wenn Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften dabei gleich behandelt werden“.
Genau das ist in Bayern und Baden-Württemberg aber nicht der Fall. Allerdings sehen die Schulgesetze in beiden Ländern ausdrücklich die Verankerung christlicher Werte im Lehrplan vor. Der nächste Gang bis vor das Verfassungsgericht scheint da nur eine Frage der Zeit.
JÖRG SCHALLENBERG